Impuls

„Wenn sie einen Freund gehabt hätten ...“: Don Bosco als Gefangenenseelsorger

Wie können Jugendliche, die straffällig geworden sind, begleitet und aufgefangen werden? Diese Frage trieb schon Don Bosco im 19. Jahrhundert um. Welche Antworten er darauf fand, fasst Pater Bernhard Maier aus Amstetten zusammen.
  • Pater Bernhard Maier

veröffentlicht am 20.02.2024

Sein erster Besuch in den Turiner Gefängnissen war für Don Bosco ein Schock. Er war erschüttert über das Elend, den Schmutz und das Fluchen in den Zellen, in denen bis zu 30 Gefangene zusammensaßen. Jugendliche lernten erst dort das Böse. Weder der Staat noch die Kirche und auch nicht die überforderten Familien in den Elendsquartieren hatten eine Lösung für die kleinen Diebe, die lediglich aus Hunger stahlen.

„Wenn sie einen Freund gehabt hätten“, so sinnierte Don Bosco und hatte besonders für diese Kinder und Jugendlichen sein einzigartiges Präventivsystem vor Augen. Das bestand darin, den Jugendlichen mit großer Liebe und Herzlichkeit zu begegnen, ihnen ein Schul- und Erziehungsprogramm – auch mit Sport und Spiel – zu bieten und ihnen die Werte der Ethik und Religion zu vermitteln. Don Bosco gelang es immer wieder, von König Carlo Alberto Begnadigungen zu erreichen. Zurück in der Freiheit, besuchten die Jugendlichen dann das Oratorium von Don Bosco.

Durch seine gute Beziehung zum Justizwachepersonal konnte Don Bosco erreichen, dass Kranke eine besondere Suppe bekamen und jeder Gefangene oft auch zwei Lire, was etwa fünf Euro entspricht. Auch der Kinder des Henkers, die verachtete Außenseiter waren, nahm sich Don Bosco an.

Voller Vertrauen in die Jugendlichen

1855 soll er nach vielen Bedenken und Ablehnungen von Innenminister Urbano Rattazzi die Erlaubnis bekommen haben, einen Tagesausflug mit 300 Jugendlichen nach Stupinigi, sechs Kilometer von Turin entfernt, zu organisieren. Ein befreundeter Pfarrer soll die überglücklichen jungen Burschen verköstigt haben. Gottesdienst und Spiele waren ebenso vorgesehen. Don Bosco machte den Jugendlichen klar, dass ganz Turin auf sie schauen würde. Einer der Stärksten drohte, dass er jeden, der flüchten wolle, wie ein Huhn zerteilen würde. Doch Don Bosco vertraute den Jungen, und alle kamen am Abend vollzählig und wohlbehalten zurück.

20 Jahre besuchte Don Bosco regelmäßig inhaftierte Jugendliche. Er sah dies als eine seiner zentralen erzieherisch-sozialen Aufgaben an und auch heute noch engagieren sich zahlreiche Salesianer Don Boscos in der Gefangenenseelsorge.

Portrait Pater Bernhard Maier

Pater Bernhard Maier (73) hatte schon als junger Ordensmann Kontakt zu jugendlichen Strafgefangenen. Sechs Jahre lang besuchte er regelmäßig das Wiener Jugendgefängnis und feierte 1978 dort sogar seine Nachprimiz. Seit 2021 ist er Direktor der Salesianergemeinschaft in Amstetten.

Quelle

Wie Don Bosco fühlte und handelte, beschreiben seine engsten Schüler und Zeitgenossen in den „Memorie Biografiche“, einer 19-bändigen Lebensbeschreibung über Don Bosco, die später durch die salesianischen Historiker Pietro Braido, Pietro Stella und Francesco Motto erforscht wurde.


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