Nachhaltigkeit

Indien: Im Einsatz für den Klimaschutz

Die Folgen der Klimakrise sind im südindischen Bundesstaat Tamil Nadu überall zu spüren. In Öko-Klubs möchte Don Bosco junge Menschen ans umweltfreundliche Handeln heranführen.

veröffentlicht am 24.08.2022

Es scheint ein ganz normaler Dienstagmorgen zu sein. Doch an der Don Bosco School of Excellence in Sayalgudi im indischen Bundesstaat Tamil Nadu läuft heute einiges anders. Eine Gruppe von Schülerinnen und Schülern der Oberstufe ist in der großen Aula zusammengekommen. Aufmerksam hören sie einem Lehrer zu, der über ein Thema spricht, das bisher nicht im Lehrplan stand: Nachhaltigkeit. Schließlich werden die Kinder in drei Gruppen eingeteilt. Jede Gruppe wird nach bestimmten Kräutern in tamilischer Sprache benannt und es werden Gruppen­leiterinnen und -leiter gewählt. Dann erhalten alle bunte T-Shirts und Mützen. Die Freude unter den Jungen und Mädchen ist groß. Endlich sind sie Teil der Gemeinschaft.

Die Öko-Klubs wurden von Don Bosco in der Provinz Trichy im südindischen Bundesstaat Tamil Nadu ins Leben gerufen. „Wir haben das Öko-Klub-Projekt bereits 2016 gestartet. Unser Ziel ist es, Kinder und Jugendliche schon in jungen Jahren für ökologische Belange zu sensibilisieren. So können sie in Zukunft die Verantwortung für den Schutz der Natur übernehmen“, erklärt Pater Amalorpavaraj Annappan, der von allen nur Pater Amal genannt wird.

Jeder Öko-Klub hat 20 Mitglieder im Alter von elf bis 18 Jahren und trifft sich jeden Monat, um über ökologische Themen zu diskutieren. Als Grundlage dient ein Don Bosco Lehrbuch. Ein sogenannter Öko-Klub-Animator betreut bis zu fünf Öko-Klubs. Er kommt entweder aus dem gleichen Dorf wie die Schülerinnen und Schüler oder ist Lehrer der Schule. „Wir wollen die Einstellung und das Verhalten der jungen Menschen gegenüber der Ökologie verändern. Wir betrachten die junge Generation als die Zukunft dieser Nation und als einen guten Katalysator, um Veränderungen zu bewirken“, betont Pater Amal. „Wenn es uns gelingt, die junge Generation für ökologische Fragen zu sensibilisieren, dann ist die Zukunft in sicheren Händen. Die jungen Menschen werden einen enormen Beitrag zur Bekämpfung der globalen Erwärmung und des Klimawandels leisten.“

Nachhaltiger Gemüseanbau

Der südlichste Bundesstaat Indiens Tamil Nadu steht vor zahlreichen Herausforderungen. Die meisten Kinder der Öko-Klubs leben in einer „Regenschattenregion“, das heißt, es regnet hier bereits nur sehr selten und man ist stark abhängig von der Regelmäßigkeit des Monsuns. Der Klimawandel hat hier inzwischen zum teilweisen Ausbleiben des Monsuns, zu unzureichenden und unregelmäßigen Regenfällen geführt. Dies wirkt sich negativ auf den großflächigen landwirtschaftlichen Anbau in der Region aus.

„Küchengärten sind eine der wichtigsten Aktivitäten, die wir in den Öko-Klubs durchführen. Wir zeigen den Kindern, wie sie auf kleinem Raum Gemüse und Obst auf nachhaltige Weise mit organischem Dünger anbauen können. Wir haben Mustergärten in unseren Einrichtungen und geben den Kindern kostenlos Samen und Setzlinge, die sie auf der Terrasse oder im Hinterhof anbauen können“, erklärt Arokiaraj, Koordinator der Öko-Klubs.

„Ich habe einen Gemüsegarten angelegt. Jetzt wachsen in meinem Garten Guaven, Bananen, Granatäpfel und Mangobäume. Ich bin sehr glücklich, dass ich diesen Gemüsegarten habe“, erzählt Jyothika*, ein zwölfjähriges Mädchen aus einem Öko-Klub in Sayalgudi.

Der zwölfjährige Jaison* kommt aus einem Fischerdorf in Sayalgudi. Die Auswirkungen der Wasserverschmutzung bekommt seine Familie hautnah mit. Noch vor Jahren konnte sein Vater drei Seemeilen vor der Küste einen großen Fischfang in den Netzen finden. Jetzt müssen die Fischerboote fast 25 Seemeilen weit fahren. „Mein Vater muss jetzt viel mehr an Benzin bezahlen, da die Entfernungen zum Fischen größer geworden sind. Ich baue jetzt in unserem Garten Gemüse und Curryblätter an. Damit kann ich die finanzielle Belastung für unsere Familie etwas verringern.“

Agastin* ist zwölf Jahre alt und liebt seinen Gemüsegarten und seine Ziegen sehr. „Ich bin stolz, wenn meine Freunde zu mir kommen und die Kürbisse sehen, die ich in meinem Garten angebaut habe. Meine Ziegen können den Kürbis nicht fressen. Aber die Blätter der Aubergine scheinen sie zu lieben. Jedes Mal, wenn sie in die Nähe der Pflanze kommen, binde ich sie an, um die Pflanze zu schützen.“

Bäume als Wasserspeicher

„Wir treffen uns einmal im Monat und haben festgestellt, dass sich die Aktivitäten und Kampagnen positiv auf die Kinder auswirken. Das Bewusstsein für ökologische Themen wie Umweltverschmutzung, Nachhaltigkeit und Klimawandel ist bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern gestiegen“, sagt Muneeswaran, Öko-Klub-Animator in der Stadt Vilathikulam. 

Zu den wichtigen Aktivitäten gehören das Pflanzen von Bäumen und Aufräumaktionen. „Wir identifizieren Stellen in den wichtigsten öffentlichen Bereichen, die verschmutzt sind. Dann führen wir eine Aufräumaktion durch, bei der zum Beispiel der Müll getrennt wird. Nach der Aktion stellen die Mitglieder eine Mülltonne an den gesäuberten Ort und versuchen, einen Baum zu pflanzen.“ Die Bäume werden vor allem an Straßenrändern, auf Brachflächen und in unmittelbarer Nähe zu natürlichen Wasserspeichern gepflanzt. Damit soll der Boden vor Erosion geschützt und die Wasserreservoirs erhalten werden.

Gowthami*, ein zwölfjähriges Mädchen aus einem Öko-Klub in Vilathikulam, sagt: „Ich halte die Umwelt und die Umgebung meiner Schule und bei mir zu Hause sauber. Indem ich Pflanzen gieße und auch anbaue, halte ich die Luftverschmutzung in Schach.“ Der elfjährige Balaji Venkataraman* fügt hinzu: „Ich versuche, Plastik zu vermeiden, da es nicht biologisch abbaubar ist. Zu Hause verwenden wir jetzt biologisch abbaubare Abfälle als Kompost für den Garten.“

Nach Ansicht von Pater Amal sind die Baumpflanzaktionen für diese Region lebenswichtig. „Durch die Verstädterung und die Bevölkerungsexplosion geht ständig Grünfläche verloren. Dies trägt noch mehr zur globalen Erwärmung bei. Indem wir regelmäßig Bäume pflanzen, kompensieren wir den Verlust an Grünfläche und speichern CO2“, erklärt Pater Amal. Bis 2023 sollen 15.000 Bäume auf unfruchtbarem Land gepflanzt werden. Letztes Jahr waren es bereits 10.385 Bäume. „Wenn wir dieses Jahr rund 5.000 Bäume pflanzen, dann haben wir unser Ziel sogar noch überschritten. Und wir könnten bis zum Abschluss des Projekts 30.000 Bäume gepflanzt haben“, freut sich der Salesianerpater. „Alle unsere Aktivitäten sind auf Nachhaltigkeit ausgerichtet. Mit der Anpflanzung von Bäumen sollen die natürlichen Wasserspeicher der Bäume geschützt werden. So kann der wenige Regen, der fällt, länger gespeichert werden. Damit fördern wir den ökologischen Anbau für Kleinbauern und verringern die Abwanderung aus diesen Gebieten. Eine nachhaltige Lebensweise fördert die Lebensqualität der Menschen. Das ist meine langfristige Vision.“

*Name von der Redaktion geändert

Mehr Informationen über die Arbeit der Salesianer Don Boscos und der Don Bosco Schwestern in Indien bei Don Bosco Mission Bonn, Don Bosco Mission Austria und der Missionsprokur der Don Bosco Schwestern.

Ein Projekt mit Vorbildcharakter

Die Arbeit der Salesianer Don Boscos in Indien begann 1906 in Chennai, der Hauptstadt des südindischen Bundesstaates Tamil Nadu. In diesem Bundesstaat sind auch die 274 Öko-Klubs entstanden. Insgesamt beteiligen sich 5.475 Jungen und Mädchen. Bis zum Abschluss des Projekts 2023 sollen es 600 Öko-Klubs sein. Auch für die Erwachsenen der Dorfgemeinschaft gibt es Öko-Klubs. Mittlerweile sind es 79 Klubs, denen sich vor allem Frauen anschließen. Von insgesamt 1.580 Mitgliedern sind 1.027 weiblich. Das Öko-Klub-Projekt wird vom deutschen Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) gefördert.


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