Austausch mit Gott

Mit Kindern beten

Viele Menschen sind unsicher, was das Beten angeht. Was bedeutet das eigentlich? Wie macht man es richtig? Und was soll es bringen? Theologe und Erzieher Christian Huber empfiehlt: Einfach mal ausprobieren. Auch und gerade mit Kindern.

veröffentlicht am 24.02.2023

„Eines Abends spät merkte ein armer Bauer auf dem Heimweg vom Markt, dass er sein Gebetbuch nicht bei sich hatte. Da ging mitten im Wald ein Rand seines Karrens kaputt, und es betrübte ihn, dass dieser Tag vergehen sollte, ohne dass er seine Gebete verrichtet hatte. Also betete er: Ich habe etwas sehr Dummes getan, Herr. Ich bin heute früh ohne mein Gebetbuch von zu Hause fortgegangen, und mein Gedächtnis ist so schlecht, dass ich kein einziges Gebet auswendig sprechen kann. Deshalb werde ich folgendes tun: Ich werde nun fünfmal langsam das ganze Alphabet aufsagen, und Du, der Du alle Gebete kennst, kannst die Buchstaben zusammensetzen und daraus die Gebete machen, an die ich mich nicht erinnern kann. Und Gott sagte zu seinen Engeln: Von allen Gebeten, die ich heute gehört habe, ist dieses ohne Zweifel das Beste, weil es aus einem einfachen und ehrlichen Herzen kam.“

Zugegeben, diese Beschreibung ehrlichen Betens von Anthony De Mello lässt einen ein wenig Schmunzeln. Und doch steckt in dem, was der indische Geistliche und Autor zahlreicher Bücher da sagt, meiner Ansicht nach eine Menge Wahres.

Mit Gott in Kontakt kommen

Wenn Sie sich bei den Menschen in Ihrer Umgebung umhören würden, was sie vom Beten halten, würden Sie neben dem ein oder anderen komischen Blick wahrscheinlich ganz unterschiedliche Antworten bekommen: Von „Beten bringt sowieso nichts“ bis hin zu „Ich bete jeden Abend vor dem Schlafen“. Vielleicht würde auch jemand sagen: „Ich würde gerne beten, kann es aber nicht richtig.“ Was ist „Beten“ eigentlich? Ich würde ganz kurz und knapp sagen: Beten ist Austausch mit Gott. Austausch? Ist es nicht mehr ein Monolog, schließlich antwortet Gott nicht? Dazu später mehr.

Zunächst ist es beachtlich, dass viele Religionen die Praxis des Gebets kennen. Egal, ob jemand religiös ist oder nicht, ist doch der Gedanke daran, dass es uns Menschen möglich ist, mit einem allmächtigen Schöpfer in Kontakt zu treten, ja sogar in Beziehung zu sein, mächtig. Wir alle kennen Situationen, entweder aus dem eigenen Leben, aus dem Leben von Nahestehenden oder auch aus Filmen, in denen „Beten“ als letzte Hoffnung, als „ultima ratio“ gesehen wird. Da, wo unsere Möglichkeiten enden, wo wir hilflos zusehen müssen, ist das Gebet oft so etwas wie eine letzte Instanz, die zu helfen vermag.

Wir Erwachsene haben meistens eine Haltung was das Beten angeht. Wir tun es oder wir haben uns irgendwann dazu entschlossen, es nicht mehr zu tun. Oft war das auch keine bewusste Entscheidung, im Gewirr und den Verpflichtungen des Alltags ist es eben einfach in Vergessenheit geraten.

Zeit der Stille

Nur nebenbei: Nach dem Fasching hat inzwischen die Fastenzeit begonnen. Verzicht auf Genussmittel und eine bewusstere Ernährung sind in unseren Tagen ziemlich weit verbreitet. Vielleicht lohnt sich der Gedanke, ob dieser Bereich noch zum „Fasten“ geeignet ist. Vielleicht wäre es lohnender, bewusste Momente der Stille in den Alltag einzubauen, vielleicht sogar das Beten einmal wieder auszuprobieren? Es bedarf nicht vieler Worte. Gott lässt sich auch in der Stille finden, er tritt gerne ein, wenn wir ihm die Tür zu unserem Herzen öffnen.

Wie aber ist es mit Kindern? Wie denken sie über das Beten? Können Kinder überhaupt beten, wissen sie, was das bedeutet?

Ja. Kinder können beten, oftmals fällt es ihnen deutlich leichter als uns Erwachsenen. Und ja, ich denke, sie wissen auch, was das bedeutet. Im Gegenteil: Mit ihrer Klarheit diesbezüglich überraschen sie mich immer wieder.

Sternstunden in der Beziehung zu Gott

In meiner Kita ist es Brauch, mit den Kindern jedes Jahr den Erntedankaltar in der Kirche nebenan anzuschauen. Dieser mit allerlei Getreide, Obst und Gemüse geschmückte Altar fasziniert die Kinder immer wieder. Im Gespräch wird dann erarbeitet, dass wir Gott dafür danken wollen, dass wir haben, was wir zum Leben brauchen. Warum auch auf Lebensmittel reduzieren? Manchmal würde ich Eltern wünschen, auch hören zu können, wofür die Kinder Gott alles danken wollen. Ihr Dankgebet verbinden sie ganz oft automatisch mit einem Bittgebet, nämlich für jene, denen etwas fehlt. Lebensmittel oder auch Liebe und Geborgenheit.

Fragen Sie ihr Kind doch einfach mal, ob es schon einmal etwas vom Beten gehört hat. Vielleicht sind Sie über die Antwort überrascht. Wenn sie selbst religiös sind, ist ein gemeinsames Abendgebet vor dem Schlafengehen ein schönes Ritual, das Sicherheit gibt und die Selbstwirksamkeit fördert. Pädagogisch betrachtet. Theologisch gesehen ist jedes Gebet wertvoll und wird von Gott gehört. Beten, auch Gebete von Kindern, sind Sternstunden unserer Beziehung zu Gott. Beziehungen können uns Menschen verändern. Sie können Sicherheit geben und Geborgenheit, Ängste relativieren und Sorgen schmälern. Darüber hinaus können sie uns Mut und Kraft in Situationen geben, die zu meistern sind, im Großen wie im Kleinen. Insofern finde ich, um meinen Gedanken von oben aufzugreifen, den Begriff Austausch sehr passend.

Das „Wie“ spielt gar keine Rolle. Trauen Sie sich! Gott erhört sogar ein von Herzen aufgesagtes Alphabet.


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