Frühförderung

Leselust wecken – von Anfang an

Schon früh haben die Eltern Pernsteiner ihre Kinder mit Büchern vertraut gemacht. Im Rückblick merken sie, was Lesen alles bewirken kann: Es hilft beim Schulstart, macht Freude, fördert kritisches Denken und beflügelt die Phantasie. Ein Lob auf das Lesen.

veröffentlicht am 09.01.2024

Drei Minuten: So lange darf ich täglich an der Lesewelt meiner Tochter teilhaben. Und zwar in der Zeit, in der ich ihr abends die Zähne putze. Stets muss ich zuvor ein, zwei Minuten mit der schon mit Zahncreme beladenen Bürste in der Hand warten, bis sie ihre Lektüre ausgesucht hat, damit ins Badezimmer stürmt und es sich schließlich auf meinen Knien bequem macht. Während ich schrubbe, schiele ich auf die Seiten und lese mit: Comics, Pferdebücher, Hundegeschichten, Witzbände, Hefte aus der Apotheke oder Detektivgeschichten – alles, was meinem Töchterlein eben gerade unterkommt. Manchmal sind die Geschichten so spannend, dass wir die Zeit übersehen – zum Wohl der letzten verbleibenden Milchzähne.

Zu Leseratten wurden unsere Kinder schon vor dem Kindergarten. Damals brachte ihnen meine Frau spielerisch das ABC bei, beginnend mit Basteleien, Klebe- und Zeichenübungen, ehe das „Buchstaben-Kombinieren“, das Vorlesen und schließlich das abwechselnde Lesen folgte. Sie stieß auf Begeisterung. „Spielen wir wieder Schule!“, freuten sich unsere Knirpse immer darauf, und es verwunderte uns bald nicht mehr, wenn wir sie später am Boden inmitten eines schon verschlungenen Bücherbergs sitzend wiederfanden. Nachschub an Lesestoff bekamen wir von anderen übertragen und deckten uns auf Flohmärkten kostengünstig ein. Was für das Lesen förderlich war: Wir hatten keinen Fernseher und verzichteten weitgehend auch auf das Handy.

Bücherquiz und Leseecke

Ab dem echten Schulstart folgten ganz neue Anreize. Meine Allerliebste pilgerte ab nun wöchentlich mit unseren Kleinen in die Bücherei und kehrte stets schwer bepackt zurück. Die Lehrerinnen organisierten „Lesepaten“ sowie „Leseomas“ und setzten auf die Bücherquiz-Software „Antolin“, mit der sich unsere Kinder in einen rasch ausufernden Wettkampf um den höchsten Punktestand im Klassenranking stürzten. Daheim richteten wir eine Leseecke mit guter Beleuchtung ein und besorgten mehr Bücherregale. Irgendwann entdeckten meine Kinder mein Aufnahmegerät, mit dem sie ihre Lieblingsgeschichten einsprachen. Mit einfachen Toneffekten verarbeiteten wir das Ganze zu Hörspielen für den Eigengebrauch, die bis heute nette Zeitdokumente sind.

Freilich: Obwohl die Initialzündung für das Lesen bei allen drei Kindern ähnlich verlief, gingen sie später eigene Wege. Unsere Jüngste befindet sich mit ihren zehn Jahren noch im Lesefrühling und widmet derzeit jede kleinste Pause der Serie „Survival Dogs“. Unser Ältester, 15, hat inzwischen andere Hobbys und plagt sich beim Lesen der Schul-Pflichtlektüre oder der Tageszeitung, mit deren Probeabo ich ihn zu ködern hoffte. Unser Sandwichkind dazwischen durchlebte mit zehn, elf Jahren ebenfalls einen Leseknick. Sie möge doch bitte wieder mehr lesen, legte ihr die Deutschlehrerin mit Blick auf Rückstände in Grammatik und Wortschatz nahe. Unsere Tochter nahm das ernst, freundete sich mit einer Jugendbuchserie an, und wirklich: Langsam geht es auch in Deutsch wieder bergauf.

Wichtige Kulturtechnik

In Sache Leseförderung haben wir Eltern unseren Teil nun fast schon erledigt. Im Rückblick sehen wir, wie entscheidend diese Kulturtechnik nicht nur für einen gelungenen Schulstart ist, sondern auch, wie sehr sie Kinder mit Freude erfüllen kann, ihnen neue Erfahrungswelten öffnet, kritisches Denken und Selbstreflexion fördert und die Phantasie beflügelt. In unserem Fall – mit Spanisch als Familiensprache - war das Medium Buch auch für den Deutscherwerb zuständig. Weiter achten wir drauf, anregende inhaltlich wertvolle und auch religiöse Lektüre zuhause zu haben, auf dass die Kinder diese für sich entdecken. Und haben auch selbst, nach den überstandenen Strapazen der Jungelternzeit, das abendliche Lesen vor dem Ausknipsen der Bettlampe für uns entdeckt. Wir genießen es sehr.


Verwandte Themen

Porträt
"Der kleine Ritter Trenk", die "Möwenweg"-Bände oder "Dunkelnacht": Kirsten Boie hat mehr als 100 Bücher veröffentlicht. Ihre Werke sind sozialkritisch, provozierend und vielseitig. Warum die Hamburger Autorin für Kinder ein echter Glücksgriff ist.
Vater und zwei Kinder schauen Bilderbuch an
Einschlafen
Das Schulkind kann schon alleine lesen? Trotzdem gibt es gute Gründe, das liebgewordene Gute-Nacht-Ritual noch eine Weile beizubehalten. Ein Beitrag unseres Kooperationspartners "elternbriefe".
Hand blättert in Bibel beim Vorlesen in der Familie
Reden und Verstehen
Früher haben die Kinder der Familie Pernsteiner begeistert in Kinderbibeln gelesen. Später haben sie das Interesse am "Buch der Bücher" verloren. Ein neues Ritual erweckt die biblischen Geschichten für die Familie zum Leben.