Pubertät

Erste Periode: Wie bereite ich meine Tochter darauf vor?

Es ist wichtig, dass Eltern mit ihrer Tochter frühzeitig über die erste Menstruation sprechen, findet Frauenärztin Ina Ilkhanipur. Ihr Rat: authentisch und ehrlich bleiben und die erste Periode als nächsten Entwicklungsschritt des Kindes wertschätzen.

veröffentlicht am 25.04.2023

Bereits die ganz Kleinen begleiten Mama gerne auf die Toilette und bekommen mit, wenn die Binde oder der Tampon gewechselt wird. Wie reagiert man am besten bei Nachfragen?
Konkretere Nachfragen kommen meistens erst ab dem Kindergartenalter. Ich plädiere dafür, die Menstruation von Anfang an als ganz natürliche Sache darzustellen. Mädchen kann man erklären, dass sie später auch einmal Mama werden können und dazu diese Blutung gebraucht wird. Wenn die Kinder dann ein bisschen besser verstehen, worum es geht, würde ich erklären, dass die Gebärmutter sozusagen das Wohnzimmer für das Baby ist und das wird einmal pro Monat gereinigt. Und zwar immer dann, wenn kein Baby eingezogen ist, um für den nächsten Monat wieder alles sauber zu machen. Die Kinder sollen schon früh merken, dass das ein wiederkehrender und völlig normaler Ablauf ist.
 
Ab wann sollte man dann ernsthaft beginnen, mit seiner Tochter über die Menstruation zu sprechen?
Das ist schwer zu beziffern, da die Pubertät bei jedem Mädchen unterschiedlich einsetzt. Es spielt dabei auch eine Rolle, wann die Mutter ihre erste Regel bekommen hat. Je früher ich selbst als Mutter dran war, je früher wird es wahrscheinlich bei meiner Tochter losgehen. Der Aufklärungsunterricht beginnt ja ab der dritten Grundschulklasse. Ich bin oft in vierten Klassen unterwegs und da sind immer Mädchen dabei, die schon mit neun oder zehn Jahren ihre Regelblutung haben. Das mittlere Alter liegt allerdings bei 12,5 Jahren. Es hängt auch von dem Gewicht ab. Bei kräftigeren Mädchen tritt die Pubertätsentwicklung aufgrund des ausreichenden Fettgewebes im Körper früher ein. Es gibt da also unterschiedliche Faktoren. Wenn ich aber merke, dass die Pubertät bei meiner Tochter einsetzt, dann sollte ich unbedingt mit ihr auch über die Menstruation ins Gespräch kommen.
 
Was können denn Anzeichen für die Pubertät und die erste Periode sein? Wie merke ich als Eltern, wenn es soweit ist?
Erste Zeichen der Pubertätsentwicklung sind Weißfluss in der Wäsche, der Wachstumsschub und natürlich die Behaarung. Entweder fangen die Achsel- oder die Schamhaare zuerst an, zu wachsen. Doch keine Sorge: Von den ersten Pubertätszeichen bis zur ersten Regelblutung, der sogenannten Menarche, vergehen in etwa zwei bis zweieinhalb Jahre. Man hat also genug Zeit, um sich darauf vorzubereiten.
 
Wie weit muss ich als Mutter oder Vater beim Gespräch über die erste Periode ins Detail gehen?
Ich würde nur auf die Fragen antworten, die auch wirklich kommen. Das heißt, nicht zu viel erklären, sondern altersgemäß auf das eingehen, was die Kinder in dem Moment wirklich wissen wollen.
 
Wie reagiere ich, wenn ich bei manchen Fragen die Antwort nicht weiß?
Ehrlich. Da kann man einfach sagen, dass man sich zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal zusammensetzt, weil man das selbst noch einmal nachschlagen muss.

Soll ich negative Aspekte wie eventuelle Bauchkrämpfe, Kopfschmerzen oder Müdigkeit ausklammern, um der Tochter keine Angst zu machen, oder soll ich das ansprechen?
Ich würde das tatsächlich ansprechen. Vor allem bei Müttern, die selbst davon betroffen sind, bekommt die Tochter ja mit, dass die Mutter während ihrer Tage vielleicht nicht so leistungsfähig ist, sich eher zurückzieht, wenn sie Kopfschmerzen hat. Darüber sollte ich als Mutter dann auch mit meiner Tochter sprechen. Ich würde das aber nicht dramatisieren. Ich hatte in meiner Praxis einmal eine Mutter, die zu ihrer Tochter gesagt hat: „Jetzt hast du den Scheiß auch bekommen.“ Das ist natürlich nicht hilfreich. Ich würde Müttern raten, in einer neutralen und eher wohlwollenden Sprache darüber zu reden – aber authentisch und ehrlich. Wenn ich meiner Tochter vorlüge, dass alles ganz toll ist und die Regelblutung gar nicht weh tut, und nachher tut’s ihr aber weh, habe ich ihr Vertrauen enttäuscht. Ich muss als Mutter authentisch bleiben.
 
Welche Erfahrungen machen Sie: Ist das Thema eher für die Erwachsenen oder für die Kinder peinlich?
Die Zeit, wo den Kindern das peinlich wird, kommt erst danach. Im Grundschulalter sind die meisten Kinder einfach neugierig und würden gar nicht erst fragen, wenn es ihnen peinlich wäre. Und wenn’s peinlich wird und die Pubertät schon in vollem Gange ist, da sollte ich eigentlich schon aufgeklärt haben, sonst ist es fast zu spät.
In Familien, wo man sich auch nackt begegnet, und das ist nicht in allen Familien der Fall, ist es meistens auch kein großes Problem. Aber es gibt natürlich viele Eltern, für die das ganz schwierig ist.
 
Wieso haben denn manche Eltern Angst vor einem solchen Gespräch? Warum ist die Menstruation immer noch ein Tabuthema?
Ich denke, dass alles rund um das Thema „Reproduktion“ im weitesten Sinne in Familien ein Tabuthema ist. So ist man aufgewachsen und so gibt man es unbewusst an die nächste Generation weiter. Da muss man als Mutter oder Vater schon ganz bewusst gegensteuern – und man muss sich darüber im Klaren sein, dass die jungen Mädchen heute Aufklärung über Kanäle bekommen, die uns früher gar nicht zur Verfügung standen. Dem sollte ich als Mutter oder Vater irgendwie zuvorkommen.

Portrait Ina Ilkhanipur

Ina Ilkhanipur ist Frauenärztin und hat eine gynäkologische Praxis in Gernsbach. Sie tritt regelmäßig als Expertin in Gesundheitsfragen im ARD-Buffet und bei „Kaffee oder Tee“ im SWR auf.

Was kann ich tun, um meine Tochter gut auf die Periode vorzubereiten? 3 Tipps von Ina Ilkhanipur

  1. Das Einsetzen der Periode als positiven Schritt wertschätzen.
    Konkret bedeutet das, der Tochter zu sagen: „Willkommen, du bist jetzt eine Frau. Du machst den nächsten Entwicklungsschritt, der es dir später einmal ermöglicht, selbst Kinder zu bekommen. Dein Körper ist auf dem richtigen Weg.“
  2. Die Menstruation als ganz natürlichen und normalen Vorgang sehen.
    Die Tochter soll von Anfang an verstehen, dass die Regelblutung nichts Schmutziges ist, sondern im Gegenteil eine monatliche Reinigung für den weiblichen Körper darstellt.
  3. Der Tochter die unterschiedlichen Hygieneartikel vorstellen.
    Binden, Tampons, Menstruationswäsche – es ist wichtig, seiner Tochter zu erklären, wie was funktioniert. Gut ist es auch, wenn man ihr einfach entsprechende Probepäckchen mitbringt, damit es nicht theoretisch bleibt, sondern sie selbst ein Gespür dafür entwickeln kann, womit sie sich am wohlsten fühlt.

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