Sport

Bewegt euch!

Seit der Corona-Zeit haben viele Kinder an Gewicht zugelegt. Unsere Autorin Stefanie Kortmann sieht das Problem jedoch nicht nur in der Pandemie. Auch unser bewegungsarmer Alltag sorgt dafür, dass die Fitness leidet. Was wir ändern können.

veröffentlicht am 02.09.2022

Vor einigen Wochen veranstaltete unser Dorfverein nach drei Jahren Pandemie-Pause endlich wieder sein großes Jugendfußballturnier. Zwischen Hüpfburg, Grillstand und Sportplatz wuselten rund 200 Kinder im Alter zwischen sechs und zwölf Jahren herum. Ich staunte über das, was ich sah: Viele, sehr viele Kinder trugen unter dem Trikot ein Bäuchlein vor sich her und in einigen Fällen spannte sich das Shirt mehr als deutlich. Nun kenne ich den Lokalfußball in all seinen Formen seit rund 30 Jahren, aber diese Beobachtung war mir neu. Dicke(re) Kinder beim Fußball, das gab es früher nur in Ausnahmefällen.

Immerhin treiben sie Sport, dachte ich mir und vielleicht braucht es nach der langen Coronazeit nur etwas regelmäßiges Training? Ich würde es den Kindern für ihre Entwicklung und ihre zukünftige Gesundheit jedenfalls wünschen. Zugleich aber fürchte ich, wird es so nicht kommen, denn das Problem ist viel tiefgreifender als die paar Monate sportfreie Zeit während der Lockdowns, so frustrierend das auch war. Das Problem ist ein weitgehend bewegungsloser Alltag – und, so sehe ich es, das Problem sind auch wir, die Eltern.

Alles, was Spaß macht

Seit einiger Zeit betreue ich eine Kindersportgruppe. Auf dem Programm steht alles, was Spaß macht, Hauptsache, die Mädchen und Jungen kommen auf Touren und verlassen nach der Stunde glücklich und müde die Turnhalle. Mal an die Grenzen gehen und sich austoben, den eigenen Herzschlag spüren, dieses Angebot kommt an – und kommt doch viel zu selten vor im Leben dieser Grundschulkinder.

In der Schule sieht der Stundenplan meiner Tochter nur drei Stunden Sport vor. Neulich war der Lehrer krank, damit fiel gleich die Doppelstunde aus, wieder kein Sport. Dafür ist der Tag für viele Klassenkameraden erst nach der Betreuung um 15 oder 16 Uhr zu Ende, die Zeit für Aktivitäten ist daher knapp. Auf die Schule also kann man nicht setzen, wenn es darum geht, die Acht- und Neunjährigen fortlaufend in Bewegung zu bringen. Aber wie kann es laufen?

Die Eltern müssen Vorbild sein

Wir Eltern müssen das übernehmen – und zwar in vielerlei Hinsicht: Den Weg zur Schule aktiv gestalten, ebenso die Wegstrecken am Nachmittag, sich mit den Kindern bewegen, einen Blick auf die Ernährung und die Medienzeit haben, das Interesse am Sport unterstützen und vor allem – und jetzt wird es richtig anstrengend – diese Dinge auch selbst vorleben.

Kinder lernen deutlich mehr durch Taten als durch Worte. Wer Sport predigt, aber sich selbst nur mit dem Auto fortbewegt, besitzt keine Glaubwürdigkeit und womöglich auch keinen normalgewichtigen Body-Maß-Index. Schon den Kleinsten ist das klar. Da hilft nur: Runter vom Gas, rein in die Turnschuhe oder rauf auf das Fahrrad. Den vielzitierten Schweinehund zu überwinden, kostet zweifelsohne Kraft, aber es lohnt sich. Nicht nur für sich selbst, sondern auch und vor allem, um den Kindern Vorbild für ein bewegtes Leben zu sein.


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