Vereinbarkeit
Mama im Vollzeit-Wahnsinn
Seit einigen Wochen arbeitet unsere Autorin wieder in Vollzeit. Das Kind ist älter, im Job hat es gut gepasst. Also nichts wie los! Jetzt allerdings merkt die Mutter: Die Veränderung hat ihren Preis.
veröffentlicht am 09.10.2025
Irgendwann musste es ja kommen – die Rückkehr in den Vollzeitjob. Zehn Jahre habe ich in Teilzeit gearbeitet und der Familie die Vorfahrt gegeben. Seit ein paar Wochen bin ich zurück in der Welt der Vollzeitarbeit. Mein Fazit bis dato: Natürlich freut sich das Bankkonto, aber das persönliche Zeitkonto steht dick im Minus. Irgendwo im Spagat zwischen Job, Familie, Haus und Freizeit bin ich auf der Suche nach Zeit. Auch Zeit für mich.
Zehn Jahre galt für unsere Familie der Teilzeitmodus – oder die „Teilzeit-Falle“, wie einige sagen. „Alternativlos!“, sage ich, denn ich glaube nicht an die vielbeschworene Vereinbarkeit von Kind und Karriere. Nicht so lange die Situation so ist, wie sie ist: Wir bringen Babys auf die Welt, die nackt und hilflos sind, und wir leben in Strukturen, in denen die Erziehung im Wesentlichen von den Familien – wie die Statistik sagt, maßgeblich von den Müttern – getragen wird.
Immer die bange Frage: Wie soll das alles funktionieren?
Wann immer ich mit Müttern über die Rückkehr in den Beruf gesprochen habe, habe ich diese eine Frage mit dem besonderen Unterton von Verzweiflung und Neugier gehört: „Wie bekommst du es hin zu arbeiten?“ Alle waren sie auf der Suche nach Lösungen. Alle standen sie vor den gleichen Problemen: Bekomme ich einen Kita-Platz? Wenn ja, passen die Betreuungszeiten zu meinen Arbeitszeiten? Was, wenn meine Arbeitszeit ausfällt, weil das Kind in der Kita jeden Infekt mitnimmt? Wie viel Betreuungszeit will ich überhaupt selbst übernehmen, damit es sich für mich richtig anfühlt? Und wie organisiere ich alles, damit mein Geist und mein Körper den so geschaffenen Alltagsablauf gut (er)tragen können? Kranke Mamas sind im System bekanntlich nicht vorgesehen.
Auch wenn die Fragen oft die gleichen sind, die Lösungswege sind individuell. Und nicht immer folgt das Leben dem Plan. So hatte ich vor der Geburt mit einer Auszeit von nur drei Monaten gerechnet, bis mir irgendwann der Gedanke kam, erst mal auf das Kind zu warten und die Situation dann zu bewerten. So wurden – auch aufgrund anderer Ereignisse in der Familie – aus drei dreizehn Monate bis zur Rückkehr. Rückblickend eine gute Entscheidung.
Ein Spagat zwischen Zoom-Calls, Vokabeltests und Wäschebergen
Als Christina klein war, war der Teilzeitjob mit 24 Stunden in der Woche schon eine Herausforderung, aber je größer und selbstständiger sie wurde, desto mehr Freiräume ergaben sich wieder für mich. Jetzt ist sie elf Jahre alt. Warum also nicht zurück in den Vollzeitjob gehen? Erst recht, wo die junge Kollegin gerade wegen Schwangerschaft ausfiel und die Arbeit auf dem Tisch lag.
Jetzt, nach einigen Wochen des Probelaufs, muss ich korrigieren, damit das neue Zeitgefüge besser zu unserem Alltag passt. Denn was auf dem Papier nach 38 Stunden klingt, ist in Wirklichkeit ein Spagat zwischen Zoom-Calls, Vokabeltests, Wäschebergen und der nie endenden Suche nach dem verschwundenen Turnbeutel. Die Arbeitstage sind lang, die Nachmittage noch länger – und die To-do-Liste wächst schneller als der Schimmel auf dem vergessenen Pausenbrot.
Ich mache weiter – nicht perfekt, aber mit Herz
Änderungen müssen her. Vor allem die Dinge, die sonst so „nebenbei“ gelaufen sind, stehen auf dem Prüfstand. Ein Ehrenamt wird gestrichen, ein Nebenjob gekündigt. Ich bin auf der Suche nach Zeit – und dabei will ich egoistisch sein. Denn auch ich habe abends das Gefühl verdient, im Wesentlichen „fertig“ zu sein mit dem Tag.
Ansonsten mache ich weiter. Nicht perfekt, aber mit Herz. Weil ich meinen Job liebe. Und mein Kind sowieso. Ich will nicht alles gleichzeitig schaffen und übe mich im Nein-Sagen – zu Zusatzterminen, Erwartungsdruck und dem inneren Perfektionismus. Stattdessen ein Ja zu mir, zur bewussten Familienzeit mit Pausen und echten Momenten. Und manchmal sollte ich einfach das Licht früher ausmachen – für heute reicht’s.