Aufteilung

Familie und Beruf: Eltern selbst entscheiden lassen

Unser Autor und seine Frau haben sich ihre Rollen klar aufgeteilt: Sie kümmert sich um Haushalt und Kinder, er geht arbeiten. Sie sind glücklich mit diesem Modell. Nur die Fragen aus ihrem Umfeld machen ihnen manchmal zu schaffen.

veröffentlicht am 01.05.2022

Jedesmal wenn wir ein Kind bekommen haben (was bisher dreimal der Fall war), kehrte für gut anderthalb Jahre Ruhe ein. Dann gingen die leisen Anfragen wieder los: „Wann gehst du wieder arbeiten?“, trugen wohlmeinende Stimmen in Nebenbemerkungen an meine Ehefrau heran, höflich genug, um sich das „endlich“ zu verkneifen. Zweimal startete dann aber ohnehin bald die nächste Schwangerschaft, denn unsere Kinder sind genau zwei Jahre, acht Monate und vier Tage vom jeweils nächsten Geschwisterchen entfernt, ohne dass wir da irgendetwas geplant hätten. Nun aber ist unsere Jüngste schon acht, und viele schütteln den Kopf darüber, dass meine Allerliebste noch immer Tagesmutter der eigenen Kinder ist.

Im Klartext: Ja, wir leben die unzeitgemäße Variante, mit mir als Alleinverdiener und meiner Frau als Geschäftsführerin für Kinder und Haushalt, da sie entschieden hat: „Wenn unsere Kinder mittags heimkommen, dann soll dort jemand auf sie warten.“ Was damit gemeint war, durfte ich in der gerade beendeten Homeoffice-Zeit miterleben: Die Kinder sollen daheim „ankommen“ und dort ihren sicheren Ankerpunkt wissen. Und zwar konkret bei einer Person, die sie nicht nur verköstigt, chauffiert und unterstützt, sondern sie auch in die Arme nimmt, nach ihren Erlebnissen fragt und ihnen zuhört. Die gleich merkt, wenn der Schuh drückt, bei Krankheit immer da ist und „Stopp!“ sagt, wenn es zu viel wird. Weil draußen Hektik, Krisen und Kriege toben, brauchen Kinder ein Stück heiler Welt, in der sie sich bergen und in Ruhe wachsen können, ohne dass jede Minute Nutzen bringen muss – Familie eben.

Die ersten Jahre waren eine Herausforderung, jetzt genießt die Mutter ihre Rolle als Vollzeit-Mama

Nach den sehr herausfordernden Jahren, als unsere Kinder noch klein waren, blüht meine Frau jetzt auf in ihrer Rolle als Vollzeit-Mama, die sich nicht zwischen Familie und Beruf zerreißen muss. Dennoch ist Vorsicht angesagt. Die Arbeit einer Fünf-Köpfe-Haushaltsmanagerin endet nie und darf nicht in Frustration und Burnout münden. Deshalb wanderten mit der Zeit einige kleinere Agenden zu mir – etwa das Wecken der Kinder, das Zubereiten von Frühstück und Abendessen, das Staubsaugen am Wochenende sowie die Lernhilfe vor Klassenarbeiten. Mein Chef erlaubte mir, an den beiden Schwimmtrainings-Tagen unserer Töchter überlange Dienst zu machen, dafür aber das Büro zweimal die Woche schon um 15 Uhr heimwärts zu verlassen. Auch achten wir darauf, dass die Außentermine und -kontakte meiner Gattin nicht ständig der Familie aufgeopfert werden.

Verklären will ich hier nichts, denn natürlich gibt es da auch eine Kostenseite. Meine Frau versäumt aus Familiengründen ein Weiterkommen im Beruf und Pensionsansprüche. Sie macht sich abhängig von mir, meiner Arbeitsfähigkeit und meinem Gehalt, für dessen Nutzung wir zu guter Absprache untereinander sowie zu Einfachheit und Maßhalten genötigt sind. Musikschule und Sportvereine halten die Freizeitausgaben zwar erträglich, wir wägen aber die Teilnahme der Kinder an größeren Schulausflügen ebenso wie kostspieligere Anschaffungen meist länger ab, nehmen beim Kindergewand Übertragenes dankbar an und geben es später wieder weiter, nutzen bei Möbeln und Hausrat diverse Marktplattformen, urlauben in Unterkünften mit Selbstversorgung und sehen Restaurants selten von innen. Irgendwie geht sich am Monatsende immer alles aus, Gott sei Dank.

Zu den Bürden gehört auch unsere Sprachlosigkeit bei der Suche nach Antworten auf Fragen wie die eingangs geschilderte. Denn weder meine Frau noch ich wollen andere vor den Kopf stoßen mit unserem Lebensstil, der gängigen Klischees in gewissen Punkten wohl entspricht, in anderen wiederum nicht. Eltern brauchen Hilfe, Unterstützung und Anerkennung, um ohne Druck selbst zu entscheiden, wie sie sich angesichts ihrer jeweiligen Erfordernisse organisieren. Genau das vermisse ich für unsere Lebensweise ein wenig - weshalb wir uns mit Familien in ähnlicher Situation vernetzen und so zumindest gegenseitig den Rücken stärken. Und was unsere Kinder betrifft: Sie bekommen von uns Eltern zwar eine Vorlage, werden aber morgen als Erwachsene selbst entscheiden, wie sie ihr Leben gestalten wollen. Bis dahin möchten wir sie als Eltern in jeder Lebensphase in angemessener Form begleiten. Es ist die wichtigste und auch schönste Aufgabe, die uns je anvertraut wurde.


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