Freiwilligendienst bei Don Bosco

Ein kleines Stück die Welt verbessern

Junge Erwachsene engagieren sich in Don Bosco Projekten in vielen Ländern der Erde. Warum sie das machen und was ihr Einsatz bringt.
  • Pater Peter Rinderer SDB

veröffentlicht am 31.12.2016

Fünf Kinder stürmen über den betonierten Sportplatz auf mich zu, als ich gerade die Metalltür ins Jugendzentrum aufsperre. Mir um den Hals fallend ruft einer: „Pedro, dürfen wir Kicker spielen?“ Ein Mädchen hält mir stolz einen Zettel hin: „Ich habe den Anmeldeabschnitt für den Ausflug am Samstag dabei.“

Zehn Jahre sind seit diesem Erlebnis vergangen. In Tijuana (Mexiko) absolvierte ich direkt nach meinem Schulabschluss einen zwölfmonatigen Freiwilligendienst bei den Salesianern Don Boscos. In einer Millionenstadt, die geprägt ist von Armut, Drogen und Entwurzelung, war ich Spielkamerad, Nachhilfelehrer, Streitschlichter, Zuhörer und großer Bruder für die Kinder und Jugendlichen im Stadtteil. Gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vor Ort ermöglichten wir den jungen Menschen und ihren Familien neue Zukunftsperspektiven. Geprägt durch die Erfahrung in Mexiko entschloss ich mich für den Weg im Salesianerorden und begleite heute junge Menschen, die ein Volontariat in Don Bosco Projekten weltweit absolvieren.

Jugend für Jugend

Jahr für Jahr nützen in Deutschland mehr als 100 junge Erwachsene zwischen 18 und 30 Jahren die Möglichkeit zu einem Freiwilligendienst in einer Don Bosco Einrichtung. Viele treten ihren Dienst direkt nach dem Abitur an, einige nach dem Ausbildungs- oder Studienabschluss. Manche helfen in Afrika, Asien oder Lateinamerika mit, andere in Deutschland. Ihr Aufgabenbereich ist vielfältig – egal ob im In- oder Ausland: In ihren Tätigkeitsbereich fallen schulische Nachhilfe und berufliche Ausbildung, Sport und Spiel, Kunst und Musik, handwerkliche Tätigkeiten und pädagogische Aufgaben, Feste und Ausflüge. Die Volontäre bringen ihre eigenen Stärken und Talente ein und sind eingebunden in ein Team aus Ordensleuten und Mitarbeitern verschiedener Berufsfelder.

Neben diesem vielschichtigen Aufgabenprofil ist das schlichte Da sein für junge Menschen das Entscheidende. Das geschieht, wenn eine Volontärin ein Mädchen tröstet, oder wenn ein Volontär ein Kind bei den Hausaufgaben individuell begleitet. Die jungen Freiwilligen ersetzen keine Mitarbeiter vor Ort, sondern sorgen für ein gewisses Mehr und eine wertvolle Ergänzung. Sie sind altersmäßig nah dran an den Lebensrealitäten der betreuten Kinder und Jugendlichen und verbringen viel Zeit mit ihnen. Wächst das Vertrauen, leisten sie einen wichtigen Beitrag der individuellen Förderung und nehmen eine Brückenfunktion zwischen den Kindern und den Verantwortlichen ein. P. Thathireddy Vijay Bhaskar, ein langjähriger Projektpartner aus Hyderabad (Indien) schätzt an den Volontären, dass Kinder in ihrer Gegenwart die Möglichkeit haben, „ihre Gefühle zu erkennen und auszudrücken“.

Ein Freiwilligendienst – vor allem, wenn er fern von der Heimat stattfindet – birgt aber auch Herausforderungen für die jungen Menschen, die sich darauf einlassen: Während des Jahres spüren viele eine Überforderung in der pädagogischen Arbeit, sind konfrontiert mit einer Armut und einem Leid, das sie so bisher nicht kannten, oder leiden unter einer gewissen Einsamkeit in einer ganz anderen Welt. Eine persönliche Begleitung hilft, an solchen Situationen wachsen zu können.

Schutzengel für andere

Das Volontariat hat bei den Salesianern Don Boscos und den Don Bosco Schwestern eine lange Tradition, die bis auf Don Bosco zurückgeht. Seine ersten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei den sonntäglichen Treffen auf den Plätzen Turins in den Jahren 1841 bis 1846 waren Freiwillige. Don Boscos Mutter und viele Jugendliche halfen tatkräftig mit. So entwickelte sich aus dem zaghaften Beginn im Pinardischuppen in Turin-Valdocco das weltumspannende Jugendwerk Don Boscos.

Junge, engagierte Helfer schlossen sich zu sogenannten Bündnissen zusammen. Neben dem gemeinsamen Gebet überlegten sie, wie sie anderen Gutes tun können. Eine ihrer Aufgaben war es, Schutzengel für Neuankömmlinge zu sein, sie einzuführen und zu begleiten, damit sie sich schnell zu Hause fühlen. Unter diesen Freiwilligen waren Persönlichkeiten wie der selige ­Michele Rua, der erste Nachfolger Don Boscos in der Ordensleitung, oder der heilige Domenico Savio, der schon mit 15 Jahren verstarb.

Egotrip oder Voluntourisus?

Wenig zu tun hat ein Don Bosco Freiwilligeneinsatz im Ausland mit Formen des Voluntourismus, der massiv in der Kritik steht. Dabei vermitteln Agenturen mehrwöchige Kurzaufenthalte in afrikanischen Waisenhäusern. Außer einem aufgepeppten Lebenslauf und Likes auf Facebook bleibt wenig über. Die Don Bosco Entsendeorganisationen dagegen achten auf Nachhaltigkeit und Qualität. Sie arbeiten mit langjährigen Projektpartnern zusammen und sichern die Rahmenbedingungen in puncto Aufgaben, Lebensumfeld und Begleitung ab. Jahreseinsätze sorgen für eine kontinuierliche Präsenz der Freiwilligen vor Ort. Festzuhalten ist aber, dass Freiwilligeneinsätze derzeit meist eine Einbahnstraße von Industriestaaten in Länder des globalen Südens sind. Sogenannte Reverse-Programme wollen auch jungen Menschen aus Indien, Kamerun oder Ecuador ermöglichen, einen Freiwilligendienst in Europa zu leisten, entstehen aber erst langsam.
Zentral für die Qualität der Freiwilligeneinsätze bei Salesianern und Don Bosco Schwestern sind die Vorbereitung und die Begleitung während und nach dem Einsatz. Das gilt für Auslandsvolontäre ebenso wie für diejenigen, die ein Freiwilligenjahr in einer deutschen Don Bosco Einrichtung machen. In der Vorbereitung wird Praxisnähe und Professionalität durch die Präsenz von ehemaligen Volontären und Hauptamtlichen garantiert. Die Inhalte sind auf den Dienst in Don Bosco Projekten in Deutschland oder in anderen Kulturkreisen abgestimmt. Viel Wert wird auf die Persönlichkeitsentwicklung der teilnehmenden jungen Erwachsenen gelegt. Eine Mutter meinte beim Sendungsgottesdienst am Ende der Vorbereitungszeit: „Das Volontariat hat sich für meinen Sohn schon vor dem Abflug gelohnt. Er ist allein in der Vorbereitung ungemein gereift.“  

Mehr empfangen als geben

Volontariat im Sinne Don Boscos ist gelebte Solidarität und Begegnung auf Augenhöhe. Für viele endet deshalb die Volontariatserfahrung nicht nach dem einen Einsatzjahr. Sie engagieren sich in ihrem Umfeld weiterhin für das Anliegen Don Boscos und sind Botschafter für Bildung, Gerechtigkeit und Frieden und Ausdruck einer jungen, dynamischen Kirche.

Als ich nach zwölf Monaten von Mexiko nach Hause zurückkehrte, war mein stärkster Gedanke: „Ich habe viel mehr empfangen, als ich gegeben habe.“ Bei einzelnen Kindern waren die Früchte der pädagogischen Arbeit sichtbar, andere Wirkungen habe ich nie erfahren. Ich teilte dort das Leben mit den Menschen und gab immer mein Bestes. Mein Blick auf das Leben hat sich ungemein erweitert. Aus der mehrjährigen Begleitung der Freiwilligen weiß ich, dass viele eine ganz ähnliche Erfahrung machen. Sie erleben sich als Lernende und als Beschenkte. Eine der Lernerfahrungen ist, dass Freiwilligenarbeit eine Lebenseinstellung ist. Zu geben, ohne immer etwas zurückzufordern – das ist der Samen für eine schönere und friedlichere Welt.

Engagement kennt viele Wege

Unter „Don Bosco Volunteers“ sind die Freiwilligendienste in Einrichtungen der Salesianer Don Boscos im In- und Ausland zusammengefasst. „VIDES“ heißt das Programm, mit dem die Don Bosco Schwestern junge Menschen für ein Jahr in eine ihrer Einrichtungen im Ausland schicken.
Freiwilliges Engagement ist in den Einrichtungen und Pfarreien der Salesianer Don Boscos und der Don Bosco Schwestern aber natürlich nicht nur im Rahmen eines Volontariats möglich. Vielerorts gibt es auch Projekte, in denen sich Menschen jeden Alters neben Beruf und Familie kurz oder längerfristig engagieren. Wenn Sie Lust haben, sich ehrenamtlich für junge Menschen einzusetzen, dann fragen Sie einfach in einer Don Bosco Einrichtung nach, wie Sie helfen können.

„Das macht sich gut im Lebenslauf.“ Viele Jugendliche bewerben sich mit dieser Begründung für ein Freiwilligenjahr. „Das ist für den Anfang schon okay. Wichtig ist, was wir dann daraus machen“, meint P. Stefan Stöhr, -Koordinator für die „Don Bosco Volunteers“. Die jungen Freiwilligen sind für ihn nicht einfach nur Mitarbeiter, sondern auch eine Zielgruppe pastoraler Jugendarbeit. Bei jedem Freiwilligen Sozialen Jahr und jedem Einsatz mit dem Programm „weltwärts“ der Bundesregierung, zu dem auch die Auslandseinsätze in den Einrichtungen der Salesianer gehören, sind 25 begleitende Bildungstage vorgeschrieben. „Das ist eine Riesenchance für uns, die jungen Leute in ihrer Persönlichkeitsentwicklung zu unterstützen, ihnen Glaubensinhalte anzubieten und ihnen die Ideen Don Boscos näherzubringen“, sagt P. Stöhr. Im Idealfall bleibt dann am Ende des Freiwilligendienstes mehr hängen als der Bonuspunkt im Lebenslauf: vielleicht ein weiteres soziales Engagement im Sinne Don Boscos. Oder einfach nur ein Bewusstsein für Armut und soziale Probleme.

Regelmäßige Ehemaligentreffen geben den Freiwilligen Gelegenheit, sich zu vernetzen, sich auszutauschen und gemeinsame Projekte zu planen. Manche geben ihre Erfahrungen bei der Vorbereitung neuer Volontäre weiter, andere halten Vorträge über ihren Einsatz oder organisieren Spielefeste für Flüchtlinge.

Mehr Infos zu einem Einsatz als Volontär in einer Don Bosco Einrichtung und zum Engagement als Rückkehrer unter www.donboscovolunteers.de oder www.vides-freiwilligendienst.net


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