Corona-Pandemie

Online mit Jugendlichen in Verbindung bleiben

Bruder Mike Goldsmits ist Sozialpädagoge in der Villa Lampe in Heiligenstadt. Im Gespräch erzählt er, wie das Jugendzentrum der Salesianer Don Boscos über den Onlinedienst „Discord“ versucht, auch virtuell mit den Jugendlichen in Kontakt zu bleiben.

veröffentlicht am 03.03.2021

Die Villa Lampe lebt davon, ein offener Treff für Jugendliche zu sein. Doch Corona hat für viele Aktivitäten sozusagen die Türen zugeschlagen. Welche Alternativen haben Sie und Ihr Team gefunden, um den Kontakt zu den Jugendlichen trotzdem aufrechtzuerhalten?
Wir haben versucht, uns an die aktuelle Lebenswirklichkeit der Jugendlichen anzupassen. So wie wir das immer probieren. Deswegen haben wir uns unterschiedliche Wege überlegt und auch gefunden, wie wir weiterhin in Kontakt sein können.

Zuerst einmal sind das ganz klassisch die sozialen Netzwerke wie Facebook oder Instagram, in denen wir einfach Postings machen. Das war der erste Schritt, den wir bereits im Frühjahr letzten Jahres gegangen sind. Wir haben allerdings gemerkt, dass da wenig Rücklauf kam. Die Jugendlichen haben einen Beitrag zwar mal geliked, aber es kam keine Interaktion zustande. Daher sind wir jetzt im aktuellen Lockdown noch einen Schritt weitergegangen und haben online Plattformen geschaffen, wo tatsächlich Begegnung möglich ist. Zum Beispiel bei „Discord“. Dieser Onlinedienst kommt eigentlich aus dem Gaming-Bereich, wo Jugendliche sich treffen, um online miteinander Computerspiele zu spielen. Dort sind wir jetzt als Villa Lampe auch vertreten und wir merken, da passiert jetzt mehr Interaktion. Es ist schwierig, Jugendliche auf neue Plattformen zu bekommen. Bei Discord sind sie schon. Also heißt es auch für uns, dort online zu sein. (Don Bosco in Heiligenstadt – Die Villa Lampe im Cyberspace)

Wenn wir uns jetzt die virtuelle Villa Lampe auf Discord anschauen: Wie funktioniert das genau?
Wenn die Jugendlichen zu unserem Discord-Server kommen, werden sie erst einmal begrüßt: „Herzlich willkommen in der virtuellen Villa Lampe. Wir haben verschiedene Angebote für Euch. In dem Raum könnt ihr quatschen, in dem Raum könnt ihr euch bei den Hausaufgaben helfen lassen.“ Es gibt also unterschiedliche Chat-Räume mit unterschiedlichen Themen. Darüber hinaus gibt es die sogenannten Sprachkanäle. Da geht man einfach rein und kann sich mit den Leuten, die im gleichen Raum sind, per Sprache unterhalten – über ein Headset oder den Lautsprecher am PC. Man kann, wenn man das möchte, auch die Videokamera einschalten.

Generell hat die virtuelle Lampe jeden Tag von 14 bis 21 Uhr auf. Natürlich können die Jugendlichen auch vormittags online gehen, aber von unserer pädagogischen Seite aus wird bis 14 Uhr nichts online gemacht, denn wir versuchen schon, die Jugendlichen trotz Homeschooling etc. an den normalen Tagesablauf zu erinnern – vormittags Unterricht, nachmittags Freizeit. Wir wollen keine Ablenkung zum Online-Unterricht sein.

Inwiefern können Sie garantieren, dass diese Online-Plattform einen Schutzraum für die Jugendlichen bietet?
Das war uns von Vorneherein sehr wichtig. Wenn man auf unseren Server bei Discord kommt, erscheint sofort der Hinweis zum Thema „Kinder- und Jugendschutz“. Man muss den Regeln zustimmen. Wir haben auch einen extra Passus, dass pornographische Inhalte natürlich verboten sind – genauso wie Cyber-Grooming. Wenn Erwachsene also Kinder und Jugendliche anschreiben und diese sich in irgendeiner Form bedrängt fühlen, dann sollen sie sich sofort an uns erwachsene Pädagogen wenden. Wir haben da den direkten Link zu unseren E-Mail-Adressen aufgeführt. Andererseits kann man bei Discord jetzt nicht einfach nach Villa Lampe suchen und dann findet man sofort unseren Server. Man braucht eine sogenannte Einladung. Das ist ein Link, den wir zwar auf unseren sozialen Seiten verteilen, damit die Jugendlichen uns finden, mit dem wir aber auch den Benutzerkreis einschränken können. Es ist also nicht so, dass da jeder sofort von außen zugreifen kann.

So hilfreich und wichtig die digitalen Angebote während der Corona-Pandemie jetzt sind, so können sie den direkten Austausch und die gemeinsame soziale Interaktion nicht 1:1 ersetzen. Sehen Sie darin eine Gefahr?
Gefahr würde ich es nicht nennen, aber ich mache mir schon Gedanken darüber, wie sich die Beziehung zu unseren Besuchern verändert. Es gibt natürlich auch Jugendliche, die vorher in die Villa Lampe gekommen sind und die wir online nicht erreichen, die sich abends nicht einwählen. Wenn ich sie direkt anschreibe, sagen sie zwar, dass sie die Ersten sind, die wieder da sind, wenn wir die Villa Lampe öffnen, aber online treffen wir sie nicht. Darum haben wir neben den digitalen Angeboten auch die Möglichkeit geschaffen, dass einzelne Jugendliche nach Terminvereinbarung zu uns kommen können, um zum Beispiel Unterstützung bei den Hausaufgaben zu bekommen. Außerdem sind wir mit unserem gelben Bus am Nachmittag im Stadtgebiet unterwegs und machen „aufsuchende Jugendarbeit“. Das heißt, wir schauen, wo unsere Jugendlichen sind, und versuchen, dort mit ihnen ins Gespräch zu kommen.

Die digitale Villa Lampe ist also sozusagen eine Ergänzung. Was ist für Sie denn das Erfolgsgeheimnis bei den Jugendlichen, die die Villa Lampe online regelmäßig besuchen?
Ich glaube, es ist das Gefühl, dass noch irgendetwas konstant da ist. Bei den Jugendlichen herrscht eine große Unsicherheit. Das merken wir immer wieder in den Gesprächen: Wann können wir wieder in die Schule? Wann darf ich das nächste Mal auf eine Party gehen? Wann macht mein Sportverein wieder auf? Das steht alles in den Sternen. Aber bei der Villa Lampe haben sie, glaube ich, das Gefühl, dass es weiter geht. Die Villa ist zwar nicht wie gewohnt geöffnet, aber die Mitarbeiter sind nicht weg oder verschwunden. Die Beziehung zu uns kann weitergeführt werden.

Mike Goldsmits

Salesianerbruder Mike Goldsmits arbeitet als Sozialpädagoge in der Villa Lampe im thüringischen Heiligenstadt.


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