Persönlichkeit

Die eigene Kreativität entdecken

Malen, Musik hören oder den Balkon gestalten – all das hat mit Kreativität zu tun. Gerade Kinder sollten viel Zeit haben, kreativ zu sein und sich auszuprobieren. Und ihre Eltern ebenfalls. Findet unser Autor Christian Huber.

veröffentlicht am 15.07.2022

Alle wollen kreativ sein. Alle wünschen sich Kreativität für sich oder ihre Kinder. Kreativität muss gefördert werden, schon bei den Kleinsten. Pädagogisch wertvolles Spielzeug muss her und selbstverständlich achten wir darauf, dass kein Kind zu viel Zeit an einem wie auch immer gearteten Bildschirm verbringt, zumindest solange es jemand mitbekommt.

Aber was ist eigentlich Kreativität? Woher kommt sie, wie wird man kreativ und vor allem: Kann man Kreativität fördern, oder ist sie einfach da – oder eben nicht?

Das Wort Kreativität bzw. kreativ kommt vom lateinischen „creare“ – erschaffen. Kreativität meint also die Fähigkeit, etwas zu erschaffen, etwas herzustellen oder zu bilden. Daher kommt auch der Begriff der „Bildenden Künste“, die genauso „erschaffende Künste“ heißen könnten.

Alltägliches kann sehr kreativ sein

Ist denn nun jede und jeder kreativ? Es mag Menschen geben, die diese These bejahen würden, möglicherweise sogar Wissenschaftler. Ich glaube, es gibt keinen Menschen, der die Fähigkeit zur Kreativität nicht in sich hat. Die Frage ist natürlich, wie viel Raum man ihr gibt und geben kann. Oft sind es äußere Umstände, die Menschen die Chance nehmen, sich kreativ zu betätigen. Viel zu früh müssen manche Menschen für sich und andere sorgen und Verantwortung übernehmen.

Nochmal einen Schritt zurück: Welche Formen von Kreativität gibt es eigentlich? Als erstes fällt vielen bei der Auseinandersetzung mit dem Begriff Kreativität sicherlich das Malen ein. Wer schon einmal von einem schönen Gemälde berührt war, wird nicht abstreiten, dass hier definitiv viel Kreativität im Spiel war oder ist. Als nächstes fällt uns möglicherweise die Musik ein. Fast jede und jeder kennt wohl Lieder, die sie bewegen und Emotionen auslösen. Wahre Kunstwerke! Aber auch andere Bereiche wie die Gestaltung eines Gartens oder eines Balkons haben mit Kreativität zu tun. Das Einrichten einer Wohnung oder auch das Improvisieren beim Kochen. Diese Dinge erscheinen uns alltäglich, sind jedoch in meinen Augen nicht weniger kreativ.

Kreativität braucht Zeit

Kann man Kreativität fördern? Das bestimmt: Zum einen an sich selbst, indem ich mich frage: Worauf habe ich Lust? Wobei könnte ich mich gut fühlen? Was gefällt mir? Gewiss ist auch eine Möglichkeit, Dinge einfach einmal auszuprobieren. Was kann schon schief gehen? Trauen Sie sich einfach mal etwas zu. Wäre es nicht interessant zu wissen, ob Sie danach anders sind, sich anders fühlen oder zumindest eine neue Erfahrung gemacht haben?

Gerade Kindern fällt das oft noch leichter. Sie sind unbedarfter. Sie haben ein ausgeprägtes Erkundungsbedürfnis und „machen“ einfach drauf los, erschaffen tagtäglich Dinge! Dazu zählt selbstverständlich auch ein Bauwerk aus Holzklötzen, ebenso ein Gefäß aus Knetmasse oder ein Phantasiegebilde aus Ton. Das A und O ist hier häufig die Zeit. Mir passiert es immer wieder, dass Eltern mich fragen, warum wir Erzieherinnen und Erzieher so oft „nichts“ machen. Gemeint ist damit die Phase des Freispiels. Und ich werde (hoffentlich) nicht müde, immer wieder zu erklären, dass diese Freispielzeit unfassbar wichtig ist für die Kinder. Sich auszuprobieren, Dinge mal niedrigschwellig kennenzulernen, ohne feste Aufgabe, ohne etwas leisten zu müssen. Ist das nicht traumhaft? Nur so können Kinder für sich entdecken, was ihnen Spaß macht und worauf sie Lust haben, was ihnen guttut.

Beitrag zur Persönlichkeitsentwicklung

Daneben geht es selbstverständlich auch darum, Kreativität gezielt anzusprechen und zu fördern. Nicht umsonst gibt es Schulfächer wie Kunst oder Musik. Die Frage, ob man der Kreativität hier mit Noten gerecht wird, steht auf einem anderen Blatt. Aber auch Sprachen fördern Kreativität: Das Schreiben von Tagebüchern, von Gedichten oder Texten kann ein Ausdruck von Kreativität sein. Auch im Bereich der frühkindlichen Bildung spielt die Förderung der Kreativität eine Rolle. So heißt es beispielsweise im Bayerischen Bildungs- und Erziehungsplan: „Angeregt durch die Auseinandersetzung mit Kunst und Kultur entfalten Kinder ihr kreatives, künstlerisches Potential und ihr Urteilsvermögen und lernen nicht nur eigene, sondern auch fremde Kulturerzeugnisse und ungewohnte künstlerische Ausdrucksformen anerkennen und wertschätzen.“ Wie viel von dem, was wir uns für unsere Kinder wünschen, steckt allein in diesem Satz!

Dabei spielt es weder für Erwachsene, noch für Kinder, eine nennenswerte Rolle, ob etwas „objektiv“ gut aussieht – falls es das im Fall von Kunst oder Kreativität überhaupt gibt. Es geht darum, etwas von innen nach außen zu bringen. Ein Stück von sich preiszugeben, der Welt mitzuteilen.

Geben Sie sich und Ihren Kindern die Chance, die eigene Kreativität nicht nur zu entdecken, sondern auch zu entfalten! Es lohnt sich in jedem Fall! Ganz egal, ob es ein Wohnzimmer ist, das umgestaltet wird, oder ein Tongefäß, dessen Bestimmung vielleicht auch erst im Lauf der Jahre klar wird.  Jugendliche, die Texte schreiben, die für viele Menschen deprimierend oder sittenwidrig klingen, sind ihre Form von Kreativität. Und Kinderzeichnungen sind es nicht weniger. Dazu nochmal ein Zitat aus dem Bayerischen Bildungs- und Erziehungsplan: „Die Kreativität von Kindern stärken heißt auch, ihnen die Entfaltung ihrer Persönlichkeit zu ermöglichen.“


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