Persönlichkeit

Mein Kind ist ruhig und introvertiert – ein Grund zur Sorge?

Ihre siebenjährige Tochter ist oft sehr ruhig und introvertiert. Oft liest sie lieber, statt etwas mit der Familie zu unternehmen. Muss die Mutter sich Sorgen machen? Ein Beitrag unseres Kooperationspartners "elternbriefe".

veröffentlicht am 30.04.2021

"Ich mache mir Sorgen um Paula, unsere Mittlere. Mit ihren 7 Jahren ist sie oft sehr ruhig und introvertiert. Oft will sie lieber lesen, statt mit uns etwas zu unternehmen. Wir sind eine sportbegeisterte Familie und machen uns Sorgen, dass sie mehr und mehr zur Außenseiterin wird. Ich war früher als Kind auch eher still, aber durch meinen Mann und die Jungs (5 und 10 Jahre alt) habe ich mich verändert und genieße nun die Aktivitäten sehr." (Vanessa, 40 Jahre )

So wie sie es beschreiben, ist Paula einfach anders, als Ihr Mann und die beiden Jungs. Und obwohl Sie früher Paula ähnlich waren, sind Sie anscheinend mittlerweile auch zu einer sehr aktiven Frau geworden, der Paulas ruhiges und introvertiertes Verhalten nicht mehr sehr verlockend erscheint. Toll für Paula ist natürlich, dass Sie beide Seiten kennen.  

Familienmitglieder sind unterschiedlich  

Manchmal ist es in Familien gar nicht so einfach, Unterschiede auszuhalten. Gerade dann, wenn Kinder so gegensätzlich sind wie Paula und ihre Brüder. Der erste Schritt ist immer, diese Unterschiede wahrzunehmen und anzuerkennen. Und dann wird es spannend: Wie geht Ihre Familie mit so gegensätzlichen Verhaltensweisen um? Und wo genau wird Paula zur Außenseiterin: in Ihrer Familie oder in der Schule und bei ihren Freundinnen?  

Wie geht es dem Kind selbst damit?  

Es lohnt sich also zu überprüfen, wie es Paula mit alldem geht. Hat sie Freundinnen und Freunde, die ähnliche Interessen haben wie sie und ist sie da gut sozial eingebunden? Oder ist sie auch in anderen Lebensbereichen sozial zurückhaltend und sehr introvertiert? Wenn die Isolation alle Lebensbereiche betrifft, ist es sinnvoll zu schauen, was Paula helfen kann, sich in Beziehungen einzubringen und wo sie Unterstützung braucht.  

Allerdings hört es sich eher so an, als ob Paula in Ihrer Familie fast wie „ein Alien“  wirkt, mit einer anderen Kultur und anderen Werten. Da Sie dieses Verhalten von sich selber kennen, wissen Sie auch über die Vor- und Nachteile Bescheid und dies ermöglicht es Ihnen bestimmt, Paula so anzunehmen, wie sie ist.  

Jeder in der Familie braucht seinen Platz  

Bei zwei verschiedenen, ja fast entgegengesetzten Vorlieben ist es sehr schwierig, Kompromisse zu finden. Hier geht es eher darum, in diplomatische Verhandlungen zu treten und einen wertschätzenden Austausch zu ermöglichen. Beide Bereiche, sportliche Aktivität und der geistige Bereich des Lesens und miteinander Sprechens, sind wichtig. Das setzt allerdings voraus, dass Sie um die Vorteile der beiden Bereiche wissen und sie anerkennen können. Dann bekommt auch jeder in Ihrer Familie seinen Platz.  

Eine Familienkonferenz kann im Alltag helfen  

Eventuell kann es hilfreich sein, wenn Sie sich mit Ihrem Mann zusammensetzen und gemeinsam überlegen, wie Ihre Haltung als Eltern dazu ist. Um eine positive Veränderung zu erzielen, braucht es dann natürlich alle Beteiligten. So können Sie mit Ihrer Familie zum Beispiel einen Familienrat abhalten, in dem alle gewertschätzt werden und zu Wort kommen (Wie ist der Ablauf einer Familienkonferenz?). Hier können Sie dann auch gemeinsam Wochenenden und Aktivitäten planen, indem jede und jeder zu seinem Recht kommt. Dies mag manchmal nicht ganz einfach sein, ist jedoch eine Voraussetzung für ein friedliches Zusammen- und Miteinanderleben.      

Erst wenn jeder seinen anerkannten Platz hat, kann die Attraktivität der anderen Seite verlockend sein und so kann Paula, wie Sie ja auch, eventuell Lust bekommen sportlicher zu werden.  

Dieser Beitrag auf elternbriefe.de

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