Sozialverhalten

Wann können Kinder teilen lernen?

Die Großeltern kritisieren, dass die zweieinhalb Jahre alte Enkelin auf dem Spielplatz ihre Spielsachen nicht teilt. Die Eltern fragen sich: Muss das Kind das wirklich tun? Ein Beitrag unseres Kooperationspartners „elternbriefe“.

veröffentlicht am 09.06.2023

Unsere Tochter Klara (2,5 Jahre) besucht mit ihren Großeltern öfter den Spielplatz. Neulich haben sie sich beschwert, dass Klara dort nicht genug Rücksicht nimmt. Weil sie ihre Spielsachen nicht mit anderen Kindern teilen mag, gibt es schonmal Streit. Auf mich wirkt Klaras Verhalten ganz „normal“, aber sicher bin ich mir nicht. Muss ich etwas tun, damit sie ein gutes Sozialverhalten entwickelt?  

Sie haben völlig Recht, wenn Sie das Verhalten Ihrer Tochter als altersgemäß und kindgerecht betrachten. Mit zweieinhalb Jahren kann sie sich noch nicht in andere Kinder (oder Erwachsene) hineinversetzen. In Klaras Alter beziehen Kinder ihren Selbstwert auch aus den Sachen, die ihnen gehören. Daher sagen sie oft so vehement: „Meins!“, wenn sich jemand etwas nehmen will, das sie als ihr Eigentum betrachten. Für sie gilt eher: „Ich bin, was ich habe“.  

Das Teilen ist eine soziale Fähigkeit, die Kinder im Laufe ihrer Entwicklung lernen. Bis Klara dazu in der Lage sein wird, sich in andere einzufühlen und die Situation auch aus der Perspektive eines anderen Kindes zu betrachten, haben Sie mindestens noch ein Jahr vor sich. Erst dann wird sie nachvollziehen können, was es für ihr Gegenüber bedeutet, wenn sie etwas abgibt (oder nicht teilen mag).  

Nicht zum Teilen zwingen

Beim Teilen sind zwei Aspekte besonders wichtig:

1. Je älter Kinder werden, umso eher teilen sie mit anderen.

2. Besonders gerne teilen sie, wenn sie sich freiwillig dazu entschlossen haben.

Lassen Sie Ihrer Tochter also ihr Spielzeug und zwingen sie sie nicht zum Teilen. Darf sie ihre Sachen für sich behalten und merkt, dass das respektiert wird, kann sie sich später dazu entscheiden, freiwillig etwas abzugeben.  

Um das Teilen zu lernen, gibt es vielfältige Erfahrungsmöglichkeiten für Kinder: In der Familie, in der Kinder-gruppe - oder eben auf dem Spielplatz. Hilfreich kann es sein, Ihrer Tochter zu erklären, wieso etwas geteilt wird und welche Gefühle das auslöst. Denn: Teilen kann eine schöne Erfahrung sein. Aber manchmal ist es auch nicht einfach etwas abzugeben. Ebenso löst es unterschiedliche Gefühle aus, etwas zu bekommen - oder nicht zu bekommen. All das erschließt sich Kindern in Klaras Alter noch nicht und bedarf daher einer Erklärung. Wichtig ist es dabei, das richtige Maß zu finden. Also einen Mittelweg zu gehen zwischen: gar nichts zu erklären und jede Handlung mit Worten zu begleiten.  

Großeltern einbeziehen 

In Ihrem Fall kann es außerdem hilfreich sein, ein offenes und wertschätzendes Gespräch mit den Großeltern zu führen. Wenn Oma und Opa ein Verhalten ansprechen, heißt es ja, dass sie ihre Enkelkinder gut im Blick haben. Besprechen Sie das Thema „Teilen“ am besten in aller Ruhe – vielleicht auch schon mit Blick auf Klaras kleinen Bruder. So können die Großeltern nachvollziehen, dass ihre Enkel keinesfalls Egoisten sind, sondern sich altersgerecht entwickeln. Dann fällt es ihnen künftig sicherlich leichter, sie eigene Erfahrungen machen zu lassen – entsprechend ihres jeweiligen Alters.

Text: Sabine Maria Schäfer, Erziehungsberaterin, systemische Familientherapeutin und "Kess-erziehen"-Kurs-Referentin

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