Konflikte lösen

Was tun, wenn Kinder streiten?

Manchmal entsteht unter Geschwistern aus Kleinigkeiten ein riesiger Streit. Wie Eltern reagieren können – und wann sie eingreifen sollten und wann nicht. Ein Beitrag unseres Kooperationspartners "elternbriefe".

veröffentlicht am 14.04.2023

"Zwischen unseren beiden Kindern, Lea (6 Jahre) und Ben (4 Jahre), gibt es immer wieder Streit. Manchmal wird das Gezanke auch „heftiger“. Vor ein paar Tagen hatten sie sich wegen des letzten Fruchtquarks aus dem Kühlschrank in den Haaren. Jedes Mal, wenn die beiden sich zoffen, frage ich mich, ob und wie ich eingreifen soll."
Lydia, 37 Jahre

Die Heftigkeit, die Lautstärke, die Dauer und auch die Themen bei Streitereien zwischen Geschwistern variieren stark. Mal ist nach einem kleinen Gezanke rasch alles wieder in Ordnung. Mal fliegen so richtig die Fetzen. Für Eltern ist es hilfreich, ihre eigene Rolle in den Blick zu nehmen und genau auf die jeweilige Situation zu schauen.  

Was tun, wenn der Streit losgeht?  

Fragen Sie sich bei einem Geschwisterstreit zunächst einmal:

  • „Wem gehört das Problem?“
  • Bin ich überhaupt für die Lösungssuche zuständig?
  • Muss ich überhaupt eingreifen?
  • Oder kriegen meine Kinder das alleine in den Griff?

Generell gilt: Ganz egal, ob Ihre Kinder nur „normal“ miteinander zanken oder sich heftig streiten: Urteilen Sie nicht wie ein „Richter“, sondern treten Sie als „Vermittlerin“ beider Kinder auf.  So eröffnen Sie Ihren Kindern Wege zueinander und geben ihnen die Chance, ihre Auseinandersetzungen gemeinsam zu schlichten.  

Was tun bei leichtem Gezanke?  

Um bei Ihrem Beispiel zu bleiben: Als Sie in die Küche kommen, zoffen Lea und Ben sich um den letzten Fruchtquark. Machen Sie sich angesichts eines solchen leichten Zanks bewusst: Ihre Kinder lernen gerade, einen Konflikt selbst zu lösen. Eine Option wäre also, sich nicht weiter einzumischen. Oder allenfalls zu sagen: „Ich sehe, es ist nur noch ein Fruchtquark da. Was wollt ihr tun?“ - Mit diesem Satz machen Sie deutlich, dass Sie Ihren Kindern zutrauen, selbst einen Kompromiss auszuhandeln. An diesem Punkt kann es für einige Eltern sogar hilfreich sein, den Raum zu verlassen, um sich nicht doch noch einzumischen.  

Was tun bei einem heftigen Streit?  

Anders sieht es aus, wenn Ihre Kinder einen heftigen und lautstarken Streit um den Fruchtquark austragen. Dann ist es hilfreich, die beiden – quasi als „Moderatorin“ – im Verhandeln zu begleiten und zu unterstützen:

  • Zeigen Sie Verständnis und beschreiben Sie das Problem: „Ben, Lea, ihr wollt beide den letzten Fruchtquark aus dem Kühlschrank essen …“.
  • Nehmen Sie die Wut der Kinder ernst und bringen Sie den Ärger ins Wort: „Ich sehe, ihr seid gerade wegen des Fruchtquarks total sauer aufeinander.“
  • Stellen Sie offene Fragen: „Was denkst du, Lea, was fair wäre?“. „Was meinst du, Ben?“.
  • Vermitteln Sie Ihren Kindern das Gefühl, selbst eine Lösung finden zu können: „Ich bin überzeugt, ihr findet eine Lösung, die für euch beide in Ordnung ist.“
  • Lassen Sie (aber nur, wenn es nötig ist), ein paar Vorschläge mit einfließen.

Was tun bei (potenziell) gefährlichen Streitereien?  

Eine weitere Möglichkeit ist: Sie kommen zu einem potenziell gefährlichen Streit hinzu. Sei es, dass der Fruchtquark kurz davor ist, durch die Küche zu fliegen. Oder dass ein ernsthaftes Gerangel und Geschubse anfängt. Auch hier gilt:

  • Verschaffen Sie Ihren Kindern (und auch sich selbst) eine kurze Atempause, indem Sie erst einmal beschreiben, was Sie beobachten: „Ich sehe hier zwei Kinder, die heftig streiten und sich sehr weh tun könnten.“
  • Je nach Situation müssen Sie Ben oder Lea den beinahe geworfenen Fruchtquark aus der Hand nehmen. Vielleicht reicht es auch, sich präsent in den Raum zu stellen.
  • Sollten Sie das Gefühl haben, dass beide Kinder zu wütend sind, um zu einer Lösung zu kommen, kann eine räumliche Trennung helfen.
  • Erklären Sie dazu möglichst transparent, worum es Ihnen gerade geht: „Ich sehe hier zwei sehr wütende Kinder. Ihr braucht jetzt Abstand voneinander. Geh’ du, Lea, bitte für 5 Minuten in dein Zimmer, und du, Ben, bitte solange in deines. Nachher können wir gemeinsam überlegen, wie sich euer Streit lösen lässt.“

Positives Verhalten bestärken

Finden Ihre Kinder gemeinsam eine Lösung oder spielen nach dem Streit wieder miteinander, können Sie das positiv hervorheben: „Klasse, ihr habt euch geeinigt. Ich freue mich, dass ihr wieder zusammen spielt.“

Text: Sabine Maria Schäfer, Erziehungsberaterin, systemische Familientherapeutin und "Kess-erziehen"-Kurs-Referentin

Dieser Beitrag auf elternbriefe.de

"elternbriefe du + wir" ist eine Initiative der katholischen Kirche. Mehr unter elternbriefe.de


Verwandte Themen

Drei Geschwister liegen übereinander auf dem Bett
Familienbande
Die Ältesten werden überfordert, die Sandwichkinder übersehen und die Nesthäkchen verwöhnt. Was ist dran an diesen Klischees? Und wie schaffen es Eltern, jedem ihrer Kinder gerecht zu werden? Antworten von Familienberaterin Evelin te Gempt.
Vater und Mutter Gergen mit ihren drei Kindern im Wohnzimmer
Demokratie daheim
Je älter Kinder werden, desto mehr möchten sie mitentscheiden, was zuhause läuft. Wie das funktioniert und wann Eltern eingreifen sollten.
Kinderhände mit Legosteinen
Dreijährige
Der Vater muss los, das Kind will noch spielen. Und schon ist der schönste Streit im Gange. Wie kommt man aus diesem Muster am besten raus? Ein Beitrag unseres Kooperationspartners "elternbriefe".