Meinung

„Vatersein ist nicht nur rosarot“ – Papablogger Richard Wenner über Ärger und Wut im Familienalltag

Natürlich gibt es sie – die Momente, in denen auch er mal laut wird. Doch für Richard Wenner, Blogger und Vater eines vierjährigen Sohnes, ist entscheidend, sich immer wieder der eigenen Rolle bewusst zu werden und gelassen an sich zu arbeiten.
  • Richard Wenner

veröffentlicht am 25.01.2023

Eines möchte ich vorab direkt erwähnen: Ja, Eltern zu sein, ist anstrengend und fordert uns Müttern und Vätern immer wieder aufs Neue alles ab. So einzigartig Elternschaft ist und so viele wundervolle Momente wir mit beziehungsweise dank unseren Kindern erleben dürfen, so steht dem auch ein Familienalltag gegenüber, der unser Nervenkostüm bis auf das Äußerste strapaziert. Da gibt es eben auch die Momente, in denen es keinen Spaß macht, Eltern zu sein.
 
Somit gehören Ärger und Wut zum Leben mit Kindern schlichtweg dazu. Das musste ich auch erst lernen und mir nach den ersten Jahren eingestehen, sind die Vorstellungen vom Vatersein doch zunächst rosarot.
 
Ich habe mir ein gewisses Maß an „Coolness“ erarbeiten müssen. Und ich musste mir bewusst werden, dass mein Kind ein Individuum ist, einen eigenen Charakter und das Recht hat, diesen erst einmal selbst kennenzulernen, um ihn dann zu festigen. Somit kann ich sagen, dass ich als Vater definitiv mit meinen Aufgaben gewachsen bin – und dass ich durch die Vaterschaft viel über mich selbst lernen darf.

Vaterschaft ist ein Lernprozess

Ich habe zum Beispiel viele Situationen vor Augen, in denen ich mich von zu schnellen Emotionen und einem Grundrauschen an Stress habe treiben lassen – keine unmittelbare Kooperation, Diskussionen bei Alltagsroutinen, Rumalbern mit herunterfallenden Sachen beim Essen. Das hat mich geärgert und laut werden lassen und dann habe ich mich meiner Familie und vor allem meinem Sohn gegenüber nicht gut verhalten. Meine Vorbildfunktion habe ich in diesen Momenten aus den Augen verloren.
 
Doch als Erwachsener müsste ich es besser werden. Ich ärgere mich daher jedes Mal über mich selbst, wenn ich laut werde. Ich bin das Vorbild, zu dem mein Kind aufschaut und von dem es für sein Leben lernt. So wie ich mich in stressigen Konfliktsituationen verhalte, wird sich mein Kind später in Teilen auch verhalten. Sich dessen bewusst zu werden, ist zum einen schwer und zum anderen ein Prozess.
 
Vaterschaft ist nicht immer leicht und erfordert viel Geduld, Liebe und Rücksicht. Wichtig ist, um ein guter und entspannter Vater zu sein, sich seiner Rolle bewusst zu sein, sich zu hinterfragen, welcher Vater ich für mein Kind sein möchte, und auf Augenhöhe mit meinem Kind zu kommunizieren.
 
Vaterschaft ist aber auch ein Lernprozess, bei dem Fehler an der Tagesordnung sind. Kein Vater ist perfekt. Aber das Streben danach, der bestmögliche Vater für sein Kind sein zu wollen, ist gleichermaßen Weg und Ziel für eine entspanntere Vaterschaft.

Richard Wenner

Richard Wenner aus Osnabrück bezeichnet sich als absoluten Familienmenschen und „Digital Daddy“. Mit der Geburt seines Sohnes 2018 hat er zusammen mit seiner Frau Maren die „Papammunity“ gegründet – einen Blog für Väter und Mütter, in dem er das Familienleben mit Kind aus der Papa-Perspektive schildert.

Meine fünf Tipps für ein entspannteres Vatersein

  1. das eigene Denken, Fühlen und Handeln hinterfragen
  2. offen mit seinem Kind und seinem Partner/seiner Partnerin über Bedürfnisse, Fragen und Probleme reden
  3. mit seinem Kind auf Augenhöhe interagieren
  4. seinem Kind immer einen Schritt voraus sein
  5. die eigenen Fehler akzeptieren, um daran arbeiten zu können

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