Familienbande

Weihnachten: Feiern auf dünnem Eis

Das Fest der Liebe kann eine ziemliche Herausforderung sein. Was tun, wenn sich Menschen treffen, die sich sonst das ganze Jahr über lieber aus dem Weg gehen? Stefanie Kortmann und ihre Verwandtschaft gehen die Situation pragmatisch an.

veröffentlicht am 07.12.2023

Weihnachten. Fest der Liebe, des Friedens und der Familie – und für mich auch ein Fest des Kompromisses, denn anders als es das romantische Bild der Besinnlichkeit vorsieht, kommen bei uns unter dem Weihnachtsbaum auch Menschen zusammen, die sich an allen anderen Tagen des Jahres lieber aus dem Weg gehen. Nicht aus Boshaftigkeit, eher weil sie einfach nicht zueinander finden. So wie Planeten, die auf ihren Umlaufbahnen um die Sonne kreisen, sich aber nie berühren.

Was also tun, wenn das Band der Familie sie doch mindestens einmal im Jahr zusammenführt? Erstmal tief durchatmen. Und dann mit den Planungen beginnen, denn einfach nur so das Fest seinem Lauf zu überlassen, wäre viel zu riskant, da unser Weihnachtsfrieden traditionell auf dünnem Eis gefeiert wird. Und ja, leider kam es hier auch schon mal zum Einbruch. Von wegen O Tannenbaum! Kaltes Schweigen umhüllte die Festtafel, still war die Nacht.

Gründliche Planung

Das Wichtigste an der Planung ist ein verbindlicher Zeitablauf. Damit ist klar, wann wir starten und es ist auch klar, also so ungefähr, wann wir wieder auseinander gehen. Dazu wird festgelegt, was an wen geschenkt wird und welche Speisen serviert werden. Überraschungen in allen diesen Punkten gilt es zu vermeiden, da die Wahrscheinlichkeit, dass das sorgsam ausgesuchte, aber zugleich ungeplante Geschenk nicht ausreichend honoriert wird, groß ist, sehr groß. Also halten wir uns an den vorab besprochenen Drehplan. Das mag emotionslos sein, sorgt aber für Sicherheit auf allen Seiten.

Wird im Laufe der Zeit der Small Talk schwieriger, muss Bewegung her. Ich dränge dann auf einen Spaziergang, damit die winterliche Frische neuen Schwung in die Runde bringt. Ist der letzte Krümel verputzt, trennen sich die Wege wieder, wahrscheinlich bis zum Wiedersehen an Ostern.

Wunsch und Wirklichkeit

Ob dieser Ablauf so auf meiner Wunschliste steht? Nein! Aber es ist ein Weg, der irgendwie doch allen gerecht wird und ein Treffen überhaupt ermöglicht, was mir wiederum wichtig ist. Dabei beobachte ich, dass Weihnachten nicht nur für unsere Familie eine Herausforderung sein kann. Auch in meinem Umfeld treffen am Gabentisch Menschen aufeinander, deren Beziehungen schwierig sind. So stellt sich mir die Frage, ob wir dem Fest vielleicht zu viel abverlangen? Heute, wo sich viele traditionelle Familienverbünde auflösen und neu organisieren, wirkt das Bild der stets gut gelaunten Großfamilie, die freudestrahlend an der Kaffeetafel hockt, wie ein Werbespot aus längst vergangenen Zeiten. Schön für alle, die das so erleben, aber die Realität wird in vielen Wohnzimmern sicherlich anders sein.

Das Ende der Weihnachtszeit jedenfalls feiern wir traditionell im Freundeskreis. Ohne Zeitplan, aber mit langen Gesprächen, überraschenden Geschenken und immer zu viel Essen. Wer hier zusammenkommt, der macht sich aus freien Stücken auf den Weg. Das fühlt sich anders an, vermittelt eine ganz wohlige Nestwärme und ist ein wunderbarer Ausklang für das Fest der Liebe.


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