Friedenserziehung

Die Familie als erstes Lernfeld für Toleranz und gegenseitigen Respekt

Frieden fängt in der Familie an. Mit vielen großen und kleinen Gesten und vor allem mit unserem Vorbild. Fünf Impulse von Sozialpädagogin und Dreifachmama Julia Menschner, wie Eltern ihre Kinder zum Frieden erziehen können.

veröffentlicht am 22.05.2025

1. Das Kind sehen und hören

Frieden in der Familie hat viel damit zu tun, ob Eltern ihrem Kind respektvoll und auf Augenhöhe begegnen. Natürlich ist es die Aufgabe der Eltern, einen Rahmen zu schaffen und Grenzen zu setzen. Doch: Kann sich das Kind innerhalb dieses Rahmens frei bewegen? Darf es seine Meinung äußern? Wird es gehört und ernst genommen? Da fängt Frieden im familiären Miteinander an.

2. Eine gute Streitkultur vorleben

Frieden heißt nicht, sich nie wieder zu streiten. Kinder dürfen und sollen erleben, dass auch Erwachsene Fehler machen oder einmal laut werden können. Das ist legitim. Aber wie gehen Eltern mit dieser Situation um? Bin ich als Mama oder Papa zum Beispiel in der Lage, mich bei meinem Kind oder einem anderen Erwachsenen zu entschuldigen? Solch ein positives Vorbild prägt.

3. Unterstützen, aber nicht bevormunden

Häufiges Konfliktthema in der Familie ist der Streit unter Geschwisterkindern. Zuerst einmal heißt es da für Eltern, sich zurückzunehmen, auch wenn es nicht leichtfällt. Denn meistens finden die Kinder untereinander eine gute Lösung. Wenn Mama oder Papa doch unterstützend eingreifen müssen, sollten sie nicht vorschnell Partei ergreifen. Alle involvierten Kinder müssen zu Wort kommen. Dann wird gemeinsam überlegt, wie ein Kompromiss aussehen könnte. Und das „Gemeinsam“ ist entscheidend. Kinder fühlen sich nur ernst genommen, wenn sie sich einbringen können.

4. Zum Perspektivenwechsel anregen

Kränkungen und unbedachtes Verhalten gehören zu unserem Alltag dazu. Manchmal leidet man selbst darunter, manchmal ist man derjenige, der das Leid zufügt. Für Kinder ist es wichtig, früh zu lernen, die Perspektive des anderen einzunehmen. Ab vier bis fünf Jahren schaffen Kinder das mit etwas Unterstützung: Du hast dem Karl die Schaufel weggenommen. Was denkst du, wie es ihm jetzt geht? Wie würdest du dich fühlen? Was, meinst du, braucht der andere jetzt? Das wird nicht immer gleich funktionieren, aber nach und nach – und Empathiefähigkeit steigert den friedvollen und respektvollen Umgang miteinander. 

5. Das Gespräch suchen und Erklärungen bieten

Wenn Kinder anfangen, Krieg zu spielen, läuten bei Eltern oft die Alarmglocken. Ich rate dazu, erst einmal die Situation zu beobachten. Warum macht mein Kind das? Will es nur Energie loswerden oder ist es wirklich an dem Thema interessiert? Falls Letzteres der Fall ist, sollten Eltern das Gespräch suchen und ihrem Kind in einer altersgerechten Art und Weise erklären, was Krieg bedeutet – ohne es mit Bildern und Informationen zu überfordern. Unangebracht wäre es, einfach zu sagen: Stopp, wir spielen nicht Krieg. Verbieten ohne eine Erklärung ist der falsche Weg.

Portrait Julia Menschner

Julia Menschner leitet die Erzieherausbildung an der Johanniter-Akademie Mitteldeutschland in Leipzig. Sie ist Mitautorin des Buches „Frieden leben mit Kindern“ (Herder Verlag) und beschäftigt sich intensiv mit den Themen Nachhaltigkeit und Friedenspädagogik.

Buchtipps: Geschichten über den Frieden

 

Buchcover Frieden

 

Buchcover Das gehört mir

 

Buchcover Das Friedenstier

„Frieden“ von Baptiste und Miranda Paul
„Das gehört mir!“ von Leo Lionni
„Das Friedenstier" von Friederike Ablang, Merle Goll und Sabine Kranz


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