Brauchtum

Feste feiern!

Süßigkeiten, Parade, extra Geld – die Tochter unserer Autorin hat zum ersten Mal das Schützenfest im Dorf miterlebt und war begeistert. Stefanie Kortmann freut sich für ihr Kind. Und hat zugleich einige Fragen an die alte Tradition.

veröffentlicht am 28.07.2023

Ein Höhepunkt in unserem Dorf ist jedes Jahr das Schützenfest. Seit mehr als 300 Jahren wird darum gestritten, wer den Holzvogel von der Stange schießt und damit die Königswürde erringt. Eine Hinweistafel mitten im Ort zeigt extra an, wie viele Tage wir noch bis zum nächsten Fest warten müssen. Erreicht der Countdown die Zielgerade, wächst die Vorfreude und die Spekulationen gehen los: Wer macht das Rennen und setzt sich die Krone auf? Auch die Kinder haben ihren Spaß. Sie treten zeitgleich zum Kinderschützenfest an.

Aufgrund von Corona hat meine Tochter mit ihren neun Jahren erst jetzt das Schützenfest mit seinen drei Festtagen so richtig erlebt. Mit den Freundinnen den Süßigkeitenstand plündern, die Parade anschauen, Kinderprogramm und extra Taschengeld, diese Kombination gefiel ihr so gut, dass sie gar nicht nach Hause wollte. Ich freue mich für sie, weil auch wir als Kinder dieses Schützenfest so geliebt haben.

Das Fest schafft Identität und verbindet Menschen

Mir wird klar, dass man so ein Fest erleben muss und es nicht mit Worten – wie ich es bei ihr in der Pandemie versucht habe – zu erklären ist. Auch wird mir bewusst, wie wichtig so eine Veranstaltung für unser Miteinander ist. Es ist in unserem kleinen Nest ein sozialer Anker, der Identität schafft und Menschen verbindet. Für die Schützen gilt: Du bist einer unter vielen und zugleich Teil einer großen Gruppe, wenn du die Uniform – einen schlichten blauen Kittel – trägst. In diesen wenigen Stunden verschwinden soziale Unterschiede, man rückt zusammen, auf der Bierbank wie auch im übertragenen Sinn. Soweit die positive Betrachtung.

Natürlich gibt es auch kritische Stimmen. Ein Stück Holz vom Himmel schießen, im Stechschritt dem König salutieren, nicht selten zu viel trinken und sonntags in die Schützenmesse gehen, das klingt für manche eher wie ein Rückfall in ein längst vergangenes Jahrhundert. Dazu passt, dass Frauen in dieser katholischen Bruderschaft nach wie vor nicht zugelassen sind. Schützenfest-Kritiker haben gute Argumente, wenn sie sagen, dass sie mit der Veranstaltung wenig anfangen können und ich denke, das ist auch okay.

Das Gute bewahren, sich Neuem öffnen

Glaube, Sitte, Heimat steht in großen Buchstaben an der Wand der Schützenhalle und anhand aller drei Begriffe ließe sich ausführlich diskutieren, inwieweit man diese Ziele heute noch ernsthaft verfolgt oder gar verfolgen möchte. Wie muss sich so ein Fest wandeln, damit es auch weiterhin auf Akzeptanz stößt? Wie gestaltet man diese Tradition zwischen dem Anspruch, das Gute bewahren zu wollen, aber sich auch Neuem zu öffnen? Die Verantwortlichen sind auf dem Weg, das wurde jetzt mit neuen Angeboten vor allem für Familien deutlich sichtbar. Meine Tochter hat das Schützenfest gerade erst lieben gelernt, aber ich bin mir sicher, dass sie es in Zukunft noch ganz anders kennenlernen wird.


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