Erwachsen werden

Der 18. Geburtstag: So fühlt er sich an

Große Party oder ein Tag wie jeder andere? Menschen zwischen 17 und 77 Jahren erzählen, mit welchen Gefühlen sie auf ihren 18. Geburtstag blicken.

veröffentlicht am 02.11.2023

„Es ist auch Unsicherheit mit dabei“

Portrait Leonie

Natürlich freue ich mich, wie bei jedem Geburtstag. Ich habe einen Grund, mich mit allen Freunden zu treffen und zu feiern. Und ich kann dann endlich allein Auto fahren, mal von Geschenken ganz abgesehen. Aber es ist auch Unsicherheit und ein wenig Angst mit dabei. In den letzten Jahren konnten viele wichtige Erfahrungen und Erlebnisse nicht gemacht werden, die für das Erwachsenwerden wichtig wären und auf denen Entscheidungen für sowohl die nahe als auch die ferne Zukunft basieren könnten. Deswegen fühlt es sich für mich auch nicht an wie „der große 18. Geburtstag“ oder als würde ich „endlich erwachsen werden“.
 
Es spielt auch ein wenig Wut mit. All die Lockdowns und Verbote haben nachweislich große Schäden vor allem in meiner Generation hinterlassen, die sich noch lange ziehen werden und die ich vor allem jetzt im Hinblick auf meinen 18. Geburtstag spüre.
 
Leonie, 17, ist Schülerin und feiert im Dezember 2023 ihren 18. Geburtstag.

„Meine Stimme zählt“

Portrait Schwester Petra Egeling

Ehrlich gesagt, an meinen 18. Geburtstag selbst habe ich keine Erinnerung. Aber was ich noch weiß: Endlich konnte ich abends länger wegbleiben, ohne ständig auf die Uhr schauen zu müssen. Und dann – das erste Mal an einer Wahl teilzunehmen. Meine Stimme zählt. Aber ich erinnere mich auch an die Frage: Wie soll ich jetzt auf einmal wissen, was oder wen ich wählen soll?
 
Schwester Petra Egeling, 62, ist Provinzleiterin der Deutschsprachigen Provinz der Don Bosco Schwestern.

„Wer ist dieser neue Mann in unserem Haus?“

Portrait Elmira Papowitz

Mein Sohn wird in neun Monaten 18. Ich verstehe, dass die Verabschiedung in seine Erwachsenenphase bevorsteht, aber ich fühle es noch nicht – und will es auch nicht. Mein Baby! Ab und zu denke ich: Wer ist dieser neue Mann in unserem Haus? So groß und mit einer so tiefen Stimme. Er guckt von oben nach unten auf mich und sagt „Zeit, loszulassen, Mama“, wenn ich zu sentimental bin bei einer Umarmung. Er ist ein Mann geworden, viel zu schnell für mich.
 
Elmira Papowitz, 53, ist Mutter von zwei Kindern im Alter von 17 und 15 Jahren.

„Ich wurde zu Hause immer für voll genommen“

Portrait Pater Johannes Kaufmann

Mein 18. Geburtstag begann um 5 Uhr mit Vigil und Laudes und endete um 19:30 Uhr mit der Komplet. Das war auch für mich kein Alltag. Ich lebte für drei Wochen im Benediktinerkloster Neresheim mit, um mir das Ordensleben anzuschauen. Noch heute erinnere ich mich an den Ort, an einen auch mitlebenden ungetauften jungen Mann, an die Mitbrüder – besonders an Pater Hildebrand, der durch einen Schlaganfall beeinträchtigt war, aber sich toll um uns kümmerte. Am Tag selber brachte meine Mama eine Ananastorte vorbei und wir konnten etwas feiern. Mit meinen Freunden holten wir den Geburtstag bei einer Grillparty im Garten zu Hause nach.
 
Als großen Schritt habe ich den 18. Geburtstag nicht wahrgenommen. Ich wurde zu Hause immer für voll genommen. Mit 17 Jahren bin ich ins Internat gezogen und war so schon früh auf mich selbst gestellt. Trotzdem war es ein cooles Gefühl, volljährig zu werden!
 
Pater Johannes Kaufmann, 47, ist Beauftragter für Berufungs- und Jugendpastoral der Salesianer Don Boscos in Deutschland.

„Meine Schwester ist nun unabhängiger“

Portrait Clara

Auf den 18. Geburtstag meiner Schwester habe ich mit Faszination, aber auch ein bisschen traurig geschaut. Einerseits mit Faszination, da der 18. Geburtstag von der Gesellschaft sehr hoch gestellt wird und man ab diesem Tag auch als offizieller Erwachsener gilt. Andererseits fand ich es aber auch schade, da ich wusste, dass sie nun unabhängiger ist und nach dem Abitur ausziehen wird.
 
Clara, 17, hat eine zwei Jahre ältere Schwester, die bereits volljährig ist.

„Ich kann für mich frei wählen“

Portrait Marius Schmid

Seit meinem 18. Geburtstag vor einigen Wochen habe ich viel mehr Möglichkeiten. Ich darf jetzt überall hin, ohne Einschränkungen wegen meines Alters, und kann für mich frei wählen. Das gilt auch für politische Wahlen, bei denen ich jetzt mitentscheiden darf. Das bedeutet aber auch, dass ich für diese selbst getroffenen Entscheidungen auch komplett selbst die Verantwortung tragen muss.
 
Marius Schmid, 18, leistet aktuell einen Freiwilligendienst als Don Bosco Volunteer in Bamberg.

„Es war ein ganz normaler Tag“

Portrait Albrecht Tangeding

An meinen 18. Geburtstag habe ich keine Erinnerung. Es war ein ganz normaler Tag. Ich habe damals eine Banklehre gemacht und bin wahrscheinlich wie jeden Abend zum Essen nach Hause gekommen. Vermutlich gab es ein Geschenk, aber mehr nicht – wie bei allen Geburtstagen. Das macht mich heute ein bisschen traurig. Umso mehr freue ich mich, zu sehen, wie schön und festlich meine Kinder mit ihren Familien die Geburtstage feiern.
 
Was ich noch weiß, ist, dass ich in den Monaten vor dem 18. Geburtstag mit Fahrstunden angefangen hatte. Ich wusste, wenn ich den Führerschein habe, kann ich alleine Auto fahren. Das war ein unglaublich toller Gedanke.
 
Albrecht Tangerding, 77, hat vier Kinder und neun Enkelkinder.

„Niemanden mehr fragen müssen“

Portrait Jutta Schmidt

Mein 18. Geburtstag bedeutete für mich vor allem Freiheit und Unabhängigkeit: Niemanden mehr fragen müssen, selber unterschreiben dürfen und dann auch noch den Führerschein machen. Auf dem Land ist das ja quasi überlebenswichtig. Im Nachhinein betrachtet hat diese Freiheit auch viel Verantwortung mit sich gebracht. Ich hatte zum Beispiel schon früh eine eigene Wohnung und habe den Haushalt selbst geführt.
 
Jutta Schmidt, 50, ist Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Salesianer Don Boscos in Österreich.


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